Schweizer Open-Source-Strategie mit Nebengeräuschen

Im kommenden Jahr soll eine Strategie zum Einsatz von freier und quelloffener Software in der Schweizer Bundesverwaltung ausgearbeitet werden.

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Von
  • Nick Lüthi

Im kommenden Jahr will das Schweizer Informatikstrategieorgan Bund ISB eine Strategie zum Einsatz von freier und quelloffener Software in der Schweizer Bundesverwaltung ausarbeiten; dies hat das ISB vor wenigen Tagen bekannt gegeben. Dank der Standardisierungsbestrebungen im Rahmen des Informatik-Reorganisationsprojekts Nove-IT, das sich derzeit in der Umsetzungsphase befindet, sei es nun auch möglich, auf Bundesebene Richtlinien zum Einsatz der vom ISB so genannten F/OSS (free and open-source software) auszuarbeiten, erklärt Jürg Römer, Delegierter für die Informatikstrategie des Bundes. Früher war die Wahl der Software den einzelnen Bundesämtern überlassen.

Als Gremium, das die künftigen Softwarestandards definieren soll, ist die eGovernment-Initiative eCH vorgesehen. An eCH nehmen Vertreter aus Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft teil. Als Leitlinie bei der Ausarbeitung der F/OSS-Strategie dient das Informatikleitbild der Bundesverwaltung; außerdem werden generelle wirtschaftspolitische Vorgaben des Bundesrates berücksichtigt.

Gegenwärtig setzen verschiedene Stellen in der Schweizerischen Bundesverwaltung, wie etwa das Institut für Viruskrankheiten und Immunprophylaxe, bereits erfolgreich Open-Source-Software ein. Wie die künftige Verbreitung von F/OSS in der Bundesverwaltung aussehen wird, kann man beim ISB noch nicht sagen. Auf Grund von Budgetkürzungen im IT-Bereich habe jedoch die Kostenoptimierung Vorrang. Wenn Open-Source-Produkte ein besseres Kosten-Nutzen-Risikoverhältnis aufwiesen, dann würden sie proprietärer Software vorgezogen. Grundsätzlich gehe es darum, der Abhängigkeit von Monopolen auszuweichen. "Dies betrifft nicht nur die Office-Anwendungen von Microsoft, sondern auch Business-Software von SAP," meint ISB-Chef Jürg Römer, und weiter: "So weit wie man in Deutschland mit einer verstärkten Förderung offener Betriebssysteme gegangen ist, wollen wir in der Schweiz aber vorläufig nicht gehen."

Während man sich in der Verwaltung gegenüber dem Einsatz von F/OSS aufgeschlossen zeigt, zweifeln die Linux-Lobbyisten an der Ernsthaftigkeit dieser Äußerungen. So hatte in den vergangenen Wochen ein Dokument, das unter der Rubrik "Opensource" prominent auf der Homepage des ISB veröffentlicht wurde, für einigen Wirbel gesorgt. Bei dem Papier handelt es sich um eine Analyse zur Positionierung von Linux und Open-Source-Software, das vom ISB beim Beratungsunternehmen META Group in Auftrag gegeben wurde. Das elfseitige Papier sei "keine Expertise", sondern Verschwendung von Bundesgeldern "für ein Argumentarium gegen eine Strategieanpassung", schreibt Dietrich Feist, Präsident des Vereins Wilhelm Tux. Und: Die Schweiz fahre im Vergleich mit anderen Ländern einen "Hardliner-Kurs" im Bezug auf den Einsatz von Linux und anderer Freier Software.

Konkret bemängelt Feist unter anderem die Positionierung von Linux als Betriebssystem für Datenbankserver. Gemäß einer Kurzfristprognose sei diese Option in zwei Jahren bereits obsolet, schreibt die META Group. Weiter kritisiert werden die Empfehlungen für den Einsatz von StarOffice als Alternative zu Microsoft Office. Weil das offene Produkt nicht zu 100 Prozent mit dem proprietären kompatibel sei, soll auf den Einsatz von StarOffice besser verzichtet werden. Das ISB hat inzwischen auf die Stellungnahme von Wilhelm Tux reagiert und neben dem META Group Papier auch Links auf F/OSS-freundliche Seiten und Dokumente gesetzt. Außerdem wird darauf verwiesen, dass keines der Dokumente die offizielle Meinung der Bundesverwaltung wiedergebe. (Nick Lüthi) / (jk)