Schweizer Volk stimmt gegen ausgebaute Medienförderung

Die Schweizer Stimmberechtigten waren dazu aufgerufen, über ein finanzielles "Maßnahmenpaket zugunsten der Medien" zu entscheiden. Sie lehnten es deutlich ab.

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Ausschnitt aus einem Plakat des Komitees "Mediengesetz Nein".

(Bild: https://medien-massnahmenpaket-nein.ch)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Tom Sperlich

In der Schweiz erhalten Medienorgane künftig keine zusätzliche finanzielle Förderung, so hat es das Schweizer Stimmvolk am Sonntag entschieden. 54,6 Prozent lehnten die Förderung ab. Die bestehenden Subventionen für bestimmte Medien verbleiben jedoch.

Mit dem " Bundesgesetz über ein Maßnahmenpaket zugunsten der Medien ", kurz "Medienpaket", sollte die bereits bestehende staatliche Unterstützung für Schweizer Medien und Plattformen ausgeweitet werden. Dafür hatten sich im Sommer 2021 National- und Ständerat des eidgenössischen Parlaments deutlich ausgesprochen.

Gegen das Gesetz ergriffen unter anderem verschiedene konservativ-bürgerliche und libertäre Gruppierungen das Referendum, sie organisierten sich im Komitee "Mediengesetz Nein". Sie lehnten das Medienpaket ab, da es aus ihrer Sicht einen unnötigen Markteingriff darstelle und Staatsgelder die Medien von der Politik abhängig machen und diese ihre Glaubwürdigkeit verlieren würden. Auch rechneten die Gegner vor, dass vor allem Großverlags-Häuser von den (erhöhten) Subventionen profitieren würden.

Auf der anderen Seite standen Organisationen und Parteien aus dem Mitte-Links-Spektrum. Sie meinen, dass angesichts viele Zeitungstitel angesichts des gewaltigen Rückgangs der Werbeeinnahmen mehr unterstützt werden müsste.

Zum Problem der zu Google und Co. abfließenden Werbegelder kommen noch die Gratiszeitungen, die das Anzeigengeschäft absaugen, und die seit Jahren zunehmende Medienkonzentration, in deren Folge Regionalzeitungen zu umsatzstarken Medienunternehmen zusammengeführt wurden und zahlreiche kleinere Tageszeitungen in Schwierigkeiten brachte. All dies führte dazu, dass in der Schweiz seit 2003 über 70 Zeitungen und Zeitschriften vom Markt verschwunden sind.

Das Gesetz sah vor, dass kleine und mittlere Zeitungen in ländlichen Regionen und kleineren Städten in allen Sprachregionen sowie neu die Online-Medien stärker profitiert hätten als große Medienhäuser. Genau das Gegenteil behaupteten indes die Gegner. Insgesamt hatten die Stimmberechtigten zu entscheiden, ob der Bund zusätzliche Subventionen von rund 151 Millionen Franken (rund 144 Millionen Euro) für Zeitungen, Radio- und Fernsehsender sowie einheimische Online-Nachrichtenplattformen einführen soll.

Nun verbleiben weiterhin 81 Millionen Franken (rund 77 Millionen Euro) aus den Radio- und Fernsehgebühren, mit denen wie bisher schon Lokalradios oder Regional-Fernsehsender direkt gefördert werden. Ebenfalls aus dem Gebührentopf werden 5 Millionen Franken (4,78 Millionen Euro) an Nachrichtenagenturen sowie alle Medien für Bildungs- und digitale Infrastruktur verteilt. Die Ausgaben für diese Posten sollten um 51 Millionen Franken erhöht werden.

Die seit über hundert Jahren bestehende "Zustellermäßigung" für Zeitungen sowie Vereins- und Verbandszeitschriften sollte von zuletzt 50 Millionen auf 80 Millionen Franken erhöht werden. Bei dieser "indirekten Presseförderung" erhalten Verlage von der Post reduzierte Zustellgebühren gewährt. Neu hinzukommen sollte die Förderung für die Früh- und Sonntagszustellung von Zeitungen, die 40 Millionen Franken gekostet hätte. Da für die Förderung mittels der Zustellermäßigungen neu auch die Auflagen-Obergrenze von 40.000 Exemplare aufgehoben worden wäre, hätten sich große Tageszeitungsverlage etwas mehr von der gesamten zu verteilenden Subventionstorte abschneiden können.

Da Online-Medien eine immer wichtigere Rolle spielen, sollten diese jetzt ebenfalls unterstützt werden, und zwar mit 30 Millionen Franken. Gefördert werden sollten ausschließlich jene, die sich über Abonnenten und Gönner finanzierten.

In Deutschland wollte das Bundeswirtschaftsministerium voriges Jahr über eine Förderung die Pressevielfalt erhalten helfen und auch die Zustellung der Zeitungen und Zeitschriften in ländlichen Regionen sichern. Zankapfel war auch hier wie in der Schweiz die "digitale Transformation des Verlagswesens", schließlich wurden die gesamten Pläne wegen verschiedener rechtlicher Bedenken gestoppt.

In der Schweiz wird die Diskussion über die Förderung der Medien vermutlich mit neuen Modellen weitergehen. Dabei könnte auch die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG SSR) erneut unter Druck geraten, so wie 2018, als ihr unter der Parole "No-Billag" die Gebührengelder gestrichen werden sollten.

(anw)