Siemens-Aufsichtsratschef von Pierer nur unter Druck zurückgetreten

Nach Medienberichten verlor von Pierer vor allem wegen des jüngsten Skandals um die Bestechung eines unabhängigen Betriebsrats Vertrauen.

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  • dpa

Siemens-Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer ist nach Informationen des Magazins Focus nur unter starkem Druck zurückgetreten. Danach habe Pierer seinen Posten nicht freiwillig geräumt. Der 66-Jährige habe sich massivem Drängen aus dem Aufsichtsrat gebeugt, hieß es. "Der Druck war so stark geworden, dass wir handeln mussten", sagte ein Siemens-Aufsichtsrat dem Magazin.

Die Rheinische Post (Samstag) berichtet, Pierer musste auf Druck der IG Metall zurücktreten. Die Gewerkschaft habe ihm vor allem wegen des jüngsten Skandals um die Bestechung eines unabhängigen Betriebsrats in Nürnberg das Vertrauen entzogen und seinen Rückzug verlangt. Der ehemalige Siemens-Chef habe damit die Unterstützung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, die vor allem aus den Reihen der IG Metall kommen, verloren. Die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International rät Pierer zudem, seine Funktion als wirtschaftlicher Berater von Kanzlerin Angela Merkel aufzugeben.

Unterdessen gerät der Ex-Bereichsvorstand der Kommunikationssparte (Com) und heutige Telekom-Vorstand Lothar Pauly nach einem Bericht des Spiegels in der Affäre um schwarze Kassen des Siemens-Konzerns immer mehr in Erklärungsnot. E-Mails aus dem Jahr 2000 würden die Frage aufwerfen, ob der Topmanager über mutmaßliche Schmiergelder in Millionenhöhe informiert gewesen sei. Zumindest im Fall eines 50-Millionen-Euro-Deals mit dem chinesischen Mobilfunkanbieter Unicom könnte Pauly eine Zahlung auch selbst abgesegnet haben, schreibt das Magazin.

Bei Siemens sollen in der Amtszeit Pierers als Vorstandsvorsitzender hohe Geldsummen in schwarzen Kassen verschwunden und im Ausland als Schmiergeld eingesetzt worden sein. Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen möglicher Schmiergeldzahlungen an die Arbeitnehmervertretung AUB, wie die Süddeutsche Zeitung meldet. Pierer stand deshalb seit Wochen schwer unter Druck. Eine persönliche Verantwortung für die Affäre trage er nicht, betonte Pierer nach seinem Rücktritt. Auch die Staatsanwaltschaft in München erklärte, sie führe keine Ermittlungen gegen den Ex-Vorstandsvorsitzenden.

Pierer stellt sein Amt als Aufsichtsratsvorsitzender mit Beginn der Aufsichtsratssitzung am kommenden Mittwoch (25. April) zur Verfügung. Der Manager ist seit Anfang 2005 Aufsichtsratschef bei Siemens, zuvor hatte er das Unternehmen seit 1992 als Vorstandsvorsitzender geführt. Nachfolger Pierers wird Gerhard Cromme, Aufsichtsratsvorsitzender von ThyssenKrupp. Cromme soll den Aufsichtsratsvorsitz für den Rest der laufenden Amtsperiode bis zur Hauptversammlung der Siemens AG am 24. Januar 2008 übernehmen. (dpa) (rij)