Stromversorger entdecken Elektroautos als Netzpuffer

Eine VDE-Studie stellt das Potential von Elektroautos als Stromspeicher auf Rädern heraus, um dem schwankenden Aufkommen regenerativer Energien zu begegnen. Fahrer von E-Vehikeln könnten durch Vergütungen zum Mitmachen gewonnen werden.

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Von
  • Richard Sietmann

Der Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) hat am Donnerstag in Berlin eine Studie zu den Trends, Perspektiven und Chancen von Speichertechnologien in Stromversorgungssystemen vorgestellt. Im Mittelpunkt der Studie steht die Frage, wie Speicher im Gesamtenergiesystem eingesetzt werden können, um Strom aus regenerativen Energien mit ihrer stark schwankenden Erzeugung technisch und wirtschaftlich effizient zu integrieren. So könnten beispielsweise Wasserstoffspeicher in Küstennähe die Energie aus Offshore-Windparks aufnehmen oder eben Elektroautos zu einem Bestandteil des Stromnetzes werden – eine ausreichende Verbreitung solcher Fahrzeuge und ein Netz von Lade- und Entladestationen vorausgesetzt.

Auf diese Weise ließen sich nämlich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Schon bei der Ersetzung von Fahrten bis zu 50 Kilometern, die den Löwenanteil des täglichen Pendelverkehrs ausmachen, könnten Elektroantriebe mit relativ kurzer Reichweite – etwa von Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen – zwei Drittel des Kraftstoffverbrauchs im Individualverkehrs einsparen, erläutert Dirk Uwe Sauer, Professor für elektrochemische Energiewandlung am Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe (ISEA) der RWTH Aachen: Einen signifikanten Einspareffekt erziele man schon bei einem "Anteil von drei bis fünf Prozent" E-Mobile am Fahrzeugbestand.

Zum anderen würde eine größere Flotte derartiger Fahrzeuge mit ihren dezentral verteilten Batterien an der Steckdose aus der Sicht der Stromerzeuger einen 'virtuellen Großspeicher' bilden und längerfristig den Ausbau zentraler Großspeicher auf Verbundnetzebene erübrigen, indem durch ein geschicktes Lastmanagement die Freigabezeiten für die Batterieladung an das jeweilige Angebot der erneuerbaren Energieträger angepasst werden. Darüber hinaus bestünde der Studie zufolge umgekehrt die Möglichkeit, die verteilten Speicher durch die Bereitstellung der sogenannten Minutenreserve zum Ausgleich von kurzzeitigen Lastspitzen für Netzregelaufgaben einzusetzen. Eine Vergütung für die Bereitstellung der Speicherkapazität hält Sauer für denkbar. "Das könnte durchaus ein interessanter Finanzierungsanteil sein", erklärte er.

Sauer unterstrich auch das große Potential, das in der Verknüpfung von Elektrofahrzeugen und erneuerbaren Energien liege. Nach den energiepolitischen Zielen der Bundesregierung soll der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung bis 2020 auf 40 Prozent steigen; gleichzeitig will sie Deutschland zu einem "Leitmarkt für Elektromobilität" entwickeln: Bis 2020 sollen eine Million Autos, die mit Strom "betankt" werden können, auf deutschen Straßen unterwegs sein. "Windenergie", so Sauer, "könnte den Bedarf aller Pkw decken".

"Speichertechnologien brauchen Förderung", betonte der Vorsitzende der Energietechnischen Gesellschaft im VDE, Jochen Kreusel von dem Energieanlagenbauer ABB in Mannheim, bei der Präsentation der Studie und stellte zugleich klar, "es geht hier nicht nur um Forschungsförderung, sondern auch um den Einstieg in den Massenmarkt". Vielleicht nimmt sich die Bundesregierung den Wink mit dem Zaunpfahl zu Herzen, wenn sie sich an die Neuordnung der vom Bundesverfassungsgericht gekippten Pendlerpauschale macht. Denn der VDE-Studie zufolge sind Elektroautos prädestiniert für Pendler, und auch mit Steuern kann man steuern … (Richard Sietmann) / (ssu)