Studie: Heimischer Wasserstoff günstiger als Import per Schiff

Wie lässt sich eine künftige Abhängigkeit von Wasserstoff-Importen vermeiden? Eine Meta-Studie prüfte das Potenzial einer verstärkten heimischen Produktion.

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EU soll Führungsposition bei grünem Wasserstoff einnehmen

(Bild: Alexander Kirch/Shutterstock)

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"Heimischer grüner Wasserstoff ist konkurrenzfähiger als erwartet", lautet das Fazit einer aktuellen Meta-Analyse. Dazu hatte das Wuppertal Institut im Auftrag des Landesverbands Erneuerbare Energien NRW zwölf Studien ausgewertet, die seit 2021 erschienen sind. Ende 2020 hatte das Institut bereits eine Vorgängerstudie erstellt. Seitdem haben sich die "Rahmenbedingungen für den Wasserstoffhochlauf in Deutschland stark und sehr dynamisch geändert", so die Autoren. Ein zentrales Ergebnis: Die Chancen von "grünem" Wasserstoff aus heimischer Position hat sich gegenüber Import-Wasserstoff verbessert.

"Die Stärkung einer heimischen, grünen Wasserstoffwirtschaft ist nicht zuletzt wegen der damit verbundenen Wertschöpfung im eigenen Land sinnvoll. Mit dem Import von Wasserstoff sind nicht zwangsläufig Kostenvorteile verbunden", sagte Professor Manfred Fischedick, Präsident des Wuppertal Instituts, laut begleitender Pressemitteilung.

Eine Ursache dieser Neubewertung: niedrigere Investitionskosten für Elektrolyseure. Parallel dazu sehen die meisten Studien zwar auch gesunkene Importkosten, aber trotzdem sei die heimische Produktion in der Regel günstiger als ein Import per Schiff, und manchmal auch günstiger als ein Import per Pipeline.

Allerdings gibt es zwischen den untersuchten Studien eine große Bandbreite: Die Schätzungen für 2030 reichen (einschließlich Importen) von 4,5 bis 20,5 Cent pro Kilowattstunde, gehen also fast um den Faktor fünf auseinander. Nur vier der Studien treffen auch Aussagen über die heimischen Produktionskosten: 7 bis 13,5 Cent, also in etwa in der Mitte des Spektrums.

Für 2050 rechnen die Studien mit günstigeren Produktionskosten von 4,2 bis 11 Cent (einschließlich Importen). Welchen Zubau an Solar- und Windkraftanlagen die Studien dabei voraussetzen, darüber macht die Meta-Analyse keine Angaben.

Alle diese Angaben beziehen sich auf "grünen" Wasserstoff, der mit Strom aus erneuerbaren Quellen erzeugt wird. Daneben befasst sich die Studie auch mit "blauem" Wasserstoff aus fossilem Erdgas, bei dem das entstehende CO2 abgetrennt und unterirdisch deponiert wird. Blauen Wasserstoff halten die Autoren schon deshalb für "keine kurzfristige Übergangslösung", weil er "auch nicht schneller als grüner Wasserstoff verfügbar" sein werde. "Es gibt heute weltweit erst vier großtechnische Produktionsanlagen für blauen Wasserstoff", so die Studie.

Zudem habe blauer Wasserstoff "selbst unter sehr günstigen Annahmen" noch "deutlich höhere Treibhausgas-Emissionen als grüner Wasserstoff". Der Grund: Nur ein Teil des entstehenden CO2 kann aufgefangen werden. Noch schlechter wird die Klimabilanz, wenn Erdgas verwendet wird, das bereits "hohe Vorkettenemissionen" hat – also etwa durch Fracking, bei dessen Förderung große Mengen des klimaschädlichen Methans in die Atmosphäre entweichen.

Ein weiterer Hebel, um die Importabhängigkeit zu senken: Weniger Wasserstoff verbrauchen. Deshalb solle man sich, empfehlen die Autoren, auf "no-regret-Anwendungen konzentrieren" – also auf solche, die "technisch bzw. ökonomisch anderweitig nicht sinnvoll elektrifizierbar bzw. dekarbonisierbar" seien. Dazu zählen die Autoren "die Herstellung von Ammoniak, Primärstahl, Grundstoffchemikalien und ausgewählten Raffinerie-Produkten sowie teilweise die Erzeugung von Hochtemperatur-Prozesswärme und ggf. der Schwerlastverkehr".

Alle anderen Bereich sollten so weit wie möglich direkt elektrifiziert oder effizienter gemacht werden. "Aus Gründen der Effizienz und verfügbarer Alternativen gehört ein H2-Einsatz für die Beheizung von Wohngebäuden und als Kraftstoffbasis für Pkws aus heutiger Sicht nicht zu den als prioritär einzuordnenden Bereichen", schließt die Studie.

(grh)