IFA

TiVo gewinnt Sharp als Partner für sein TV-Betriebssystem

Xperis TV-OS, das gegen Android TV, Fire TV und Roku sowie die proprietären Systeme von Samsung und LG angetreten ist, kommt ab 2024 auf Sharp-TV.

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(Bild: heise online)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Nico Jurran

Auf IFA 2022 ging Xperi mit TiVo OS in Europa an den Start – mit Vestel als ersten Partner. Im kommenden Jahr wird es nun erste Fernseher von Sharp mit dem TV-Betriebsystem geben. Das gaben Xperi und der Fernsehhersteller auf der IFA bekannt. Nachdem Sharp international jahrelang nur noch als Marke für verschiedene Hersteller fungierte, will das Unternehmen nun neu durchstarten.

TiVo zeichnet durch eine aufgeräumte Oberfläche aus und dadurch, dass der Anwender konkret festlegen kann, welche Dienste er abonniert hat, um keine Werbung für Inhalte angezeigt zu bekommen, auf die er ohnehin keinen Zugriff hat. Zudem ist die Sprachsteuerung recht ausgefeilt und ermöglicht, Ergebnisse der dienstübergreifenden Suche durch Nachfragen weiter zu filtern. Sharp lobte im Gespräch mit c't darüber hinaus, dass das auf Linux basierende TiVo hinsichtlich der Hardware-Anforderungen genügsamer sei als einige Konkurrenzsysteme.

Doch es geht für die TV-Hersteller bei der Wahl des Betriebssystems um wesentlich mehr als um Nutzerzufriedenheit und Technik. Laut einer Untersuchung der Marktforscher von Omdia lässt sich mit den Nutzerdaten mehr Geld verdienen als mit der schnöden Hardware: Während die TV-Hersteller mit dem Verkauf des Fernsehgeräts einmalig Erlöse erzielen, lässt sich mit den Nutzerdaten über die gesamte Nutzungsdauer von fünf bis sieben Jahren noch gutes Geld verdienen. Immerhin erlauben Smart-TVs sehr genaue Nutzerprofile zu zeichnen, die es erlauben, gezielte Werbung einzuspielen. Der Gewinn aus den Daten kann bis zu achtmal höher sein als durch den Geräteverkauf, erklärt Paul Grey von Omdia. c't hatte dem Thema jüngst ausführlich gewidmet.

Gerade an dieser Stelle versucht TiVo offenbar einen Hebel anzusetzen: Nicht nur, dass man dem TV-Hersteller eine höhere Sichtbarkeit bietet (Xperi selbst spricht davon, dass der Fernseher nur "powered by TiVo" sei), auf direkte Nachfrage von c't äußerte ein Xperi-Vertreter auch, dass man die TV-Hersteller stärker an der Monetaisierung beteilige als andere TV-OS-Anbieter. Auch Roku als weiterer Neuling, der mit "Roku TV" ebenfalls den Branchenriesen Google (Android TV, Google TV) herausfordert, betonte gegenüber c't auf Nachfrage die guten Konditionen für die TV-Hersteller.

Sharp wird allerdings nicht alleine auf TiVo setzen: Nachdem das Unternehmen bereits seit einiger Zeit auf verschiedenen Fernsehern Android TV und Google TV nutzt, kamen jüngst Modelle mit Roku TV als Betriebssystem hinzu. Ähnlich sieht es beispielweise bei Panasonic aus, das neben dem eigenen OS "My Home Screen" noch (je nach Land) Android TV beziehungsweise Google TV und Fire OS nutzt.

Sharp bietet künftig eine breite Palette an TV-Modellen an – vom Einstiegsgerät bis zum 75-Zoll-Spitzenmodell mit 2000 Dimming-Zonen. Auch beim TV-OS haben die Kunden die Wahl zwischen verschiedenen Betriebssystemen, darunter künftig TiVo.

Offiziell fahren die TV-Hersteller solche Multi-OS-Strategien, um verschiedenen Nutzergruppen mit unterschiedlichen Ansprüchen einen jeweils passendes Modell anbieten zu können – auch vor dem Hintergrund, dass jedes Betriebssystem unbestreitbar seine Stärken und Schwächen hat und die Systeme, wie bereits angesprochen, unterschiedliche Hardware-Anforderungen aufweisen. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Allerdings stärken die TV-Hersteller so sicher auch ihre Verhandlungsposition gegenüber den OS-Anbietern: Im Zweifel ließe sich damit drohen, ein System fallen zu lassen und stattdessen auf ein anderes zu setzen, ohne dabei bei Null anfangen zu müssen.

Während Samsung und LG mit eigenen, proprietären Systemen antreten, ist dies für kleine TV-Hersteller schwierig: Ohne hohe Marktdurchdringung sind sie für Streamingdiensteanbieter kaum interessant – mit der Folge, dass sie die für die Nutzung der Dienste nötigen TV-Apps erst mit Verspätung oder gar nicht bekommen. Die direkte Verfügbarkeit von Netflix, Disney+ & Co. sind heute für Kunden aber wichtige Kaufargumente. TV-Hersteller äußerten gegenüber c't auf der IFA hinter vorgehaltener Hand, dass sich mittlerweile Händler weigern würden, TV-Modelle ins Sortiment zu nehmen, die nicht die nötige Ausstattung an TV-Apps aufweisen. (nij)