Twitter erweitert sein Birdwatch-Programm vor den nächsten Wahlen in den USA

Mehr Freiwillige sollen fragwürdige Tweets kommentieren. Durch ein neues Bewertungssystem müssen sie sich ihre aktive Beitragsmöglichkeit erst verdienen.

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(Bild: kovop58/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Frank Schräer
Inhaltsverzeichnis

In den USA annotieren derzeit rund 15.000 ehrenamtliche Faktenprüfer fragwürdige Beiträge populärer Nutzer bei Twitter, um häufiger vor Falsch- und Desinformationen zu warnen. Dieses "Birdwatch" genannte Programm will Twitter nun massiv ausbauen. Jede Woche sollen 1000 neue Freiwillige hinzu kommen, die sich ihre Kommentarmöglichkeit aber erst noch verdienen müssen, um Missbrauch zu vermeiden. Und deutlich mehr US-amerikanische Twitter-Nutzer sollen die Beiträge der Faktenchecker zu sehen bekommen.

Bevor einem Twitter-Nutzer die Birdwatch-Kommentare eines Tweets angezeigt werden, müssen die Anmerkungen die Unterstützung anderer Freiwilliger bekommen, sie also selbst auf Fakten und Nutzen geprüft werden. Zu den Prüfern der Birdwatch-Kommentare gehören auch die renommierten Nachrichtenagenturen Reuters und Associated Press, wie Techcrunch meldet.

Das Birdwatch-Programm steht Freiwilligen in den Vereinigten Staaten offen, die ihre Bemerkungen zu geprüften Tweets in Englisch oder Spanisch verfassen dürfen. Twitter prüft die Personen anhand einer verifizierten Telefonnummer eines US-Mobilfunkproviders. Sie müssen außerdem mindestens sechs Monate bei Twitter registriert sein und in der letzten Zeit nicht gegen Regeln Twitters verstoßen haben.

Der Birdwatch-Teilnehmer beginnt laut Twitters Blogbeitrag bei Stufe Null und kann sich durch Bewertung anderer Birdwatch-Kommentare als "hilfreich" oder "nicht hilfreich" hocharbeiten. Ist die fünfte Stufe erreicht, was innerhalb einer Woche erreichbar sein soll, kann er oder sie eigene Anmerkungen zu Tweets verfassen. Die eigene Bewertung kann auch danach noch ausgebaut werden durch eigene als hilfreich eingestufte Tweet-Kommentare und die Bewertung weiterer Birdwatch-Kommentare anderer Teilnehmer. Sollten die eigenen Anmerkungen allerdings wiederholt als "nicht hilfreich" bewertet werden, kann man herabgestuft werden und sogar zeitweise die Möglichkeit verlieren, Anmerkungen beizutragen.

Mit dem Ausbau des Birdwatch-Programms erweitert Twitter auch die Sichtbarkeit der Birdwatch-Kommentare einzelner Tweets, die als hilfreich eingestuft wurden. So sollen die Birdwatch-Anmerkungen etwa der Hälfte aller US-amerikanischen Twitter-Nutzer eingeblendet werden.

Birdwatch

(Bild: Twitter)

Twitter betont, dass sich Birdwatch nicht explizit gegen Desinformationen im Vorfeld der Halbzeitwahlen am 8. November 2022 richtet. Bei den sogenannten Midterms stehen alle 435 Sitze im US-Repräsentantenhaus und etwa ein Drittel der 100 Sitze im US-Senat zur Abstimmung. Die regierenden Demokraten könnten dabei ihre Mehrheit in beiden Häusern verlieren. Dazu hat Twitter Regeln für Fehlinformationen eingeführt.

Das Projekt Birdwatch mit freiwilligen Faktencheckern für Selbstkontrolle hat Twitter Anfang 2021 ins Leben gerufen. Nach einer Testphase zeigt Twitter einigen Nutzern Faktencheck-Hinweise seit diesem Frühjahr. Nun sei das Birdwatch-System bereit für den Großeinsatz, nachdem es sich laut Twitter bereits in der Pilotphase als nützlich erwiesen habe.

So hat Twitter herausgefunden, dass es 15 bis 35 Prozent weniger wahrscheinlich ist, dass Nutzer einen Tweet als "gefällt mir" markieren oder retweeten, wenn eine Birdwatch-Notiz angehängt ist. Das würde die Verbreitung potenzieller Falsch- oder Desinformationen eindämmen.

(fds)