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US-Firmen verbannen Foto-Handys

Die Besitzer von Foto-Handys müssen in den USA immer häufiger mit misstrauischen Blicken rechnen.

Die Besitzer von Foto-Handys müssen in den USA immer häufiger mit misstrauischen Blicken rechnen. Viele Unternehmen haben die modernsten Mobiltelefone, deren Verkaufszahlen [1] sich nach Einschätzung von Branchenexperten in diesem Jahr mehr als verdoppeln werden, aus Angst vor unerwünschten Fotos bereits von ihren Firmengeländen verbannt. Nun sollen auch Verbote an öffentlichen Plätzen folgen.

Die Verkaufszahlen für die Handys mit eingebauten Digitalkameras werden nach Schätzung des Forschungsinstituts ARC in diesem Jahr auf weltweit 55 Millionen Stück steigen und damit so häufig verkauft werden wie herkömmliche analoge und digitale Fotoapparate zusammen. Betreiber von Fitness-Studios, Politiker und die Chefetagen von Konzernen in den USA fürchten jedoch die Möglichkeiten, die die moderne Technik mit sich bringt.

In viele Fitness-Studios dürfen die Besitzer -- rund fünf Millionen Amerikaner haben sich bereits eines der modernen Spielzeuge angeschafft -- ihre Foto-Handys daher nicht mehr mitbringen. Die Betreiber wollen ihre Kunden vor unerwünschten Fotos aus den Umkleidekabinen schützen, sagt Carrie Foster, Sprecherin eines Washingtoner Fitness-Studios: "Wir zählen einige Politiker zu unseren Kunden. Ihre Privatsphäre und die der anderen Kunden zu bewahren, ist unsere höchste Priorität."

Auch in einigen amerikanischen Konzernen stehen die modernen Handys auf dem Index. Allerdings ist das Motiv für die Verbote hier die Angst vor Industriespionage. Der Automobilkonzern General Motors etwa hat seinen Mitarbeitern das Mitbringen der Handy-Kameras auf das Betriebsgelände verboten -- unter Androhung, das teure Spielzeug zu beschlagnahmen. "Die Gefahr ist einfach zu groß, dass jemand auf dem Firmengelände eine Neuentwicklung fotografiert und das Foto verkauft oder ins Internet stellt", sagt Konzernsprecher Dan Flores.

Die Angst vor den Foto-Handys liege darin begründet, dass man mit den Handys seine Fotos weitgehend unbemerkt schießen kann, sagt James Katz, Professor für Kommunikationswissenschaften an der Universität Rutgers in New Jersey. "Viele Besitzer dieser Telefone sind von dem Gedanken fasziniert, völlig Fremde in für sie unangenehmen Situationen festzuhalten und ihre Trophäen, die Schnappschüsse, im Internet auszustellen."

Die Betroffenen, zum Beispiel Menschen, die mit offenem Mund im Bus schlafen oder sich im Schnellrestaurant mit Ketchup bekleckern, könnten sich kaum gegen die unerwünschten Bilder wehren, so Katz: "Oft merken die Leute nicht mal, dass sie fotografiert werden, wie sollen sie sich da wehren?" Massen von Hobbyfotografen in den USA nutzten diese Anonymität und gingen mit ihren Handy-Kameras Tag für Tag auf die Pirsch, um den peinlichsten Schnappschuss zu erhaschen. Das belegt auch die steigende Zahl an Internetseiten, auf denen die Hobby-Paparazzi ihre Fotos ausstellen.

Politiker befürchten, dass es oft nicht bei harmlosen Fotos bleibt, sondern dass skrupellose Besitzer ihre Handys missbrauchen könnten, um Sex-Aufnahmen zu machen und diese via Internet in alle Welt zu verbreiten. Die Stadt Seven Hills im US-Bundesstaat Ohio könnte in den kommenden Wochen eine beispielhafte Entscheidung treffen und die Handys an bestimmten öffentlichen Orten verbieten.

Stadtratsmitglied David Bentkowski fordert, unter anderem in Toiletten und in Umkleidekabinen öffentlicher Schulen den Gebrauch unter Strafe zu stellen. "Diese Dinger sind wie die Spionagekameras in den James-Bond-Filmen. Jemand tut so, als würde er telefonieren -- und plötzlich ist ein Nacktfoto von dir im Internet", sagt Bentkowski. Über den von Bentkowski eingereichten Antrag wird der Stadtrat von Seven Hills in den kommenden Tagen abstimmen.

Nach Ansicht von Rechtsexperten könnte ein solches Verbot allerdings mit dem in der amerikanischen Verfassung verbürgten Recht der Ausdrucksfreiheit kollidieren: Demnach darf jede Privatperson fotografieren, wen sie will. Illegal kann lediglich das Ausstellen im Internet sein. Aber auch das nur, wenn der Fotografierte nachweisen kann, erhebliche persönliche Schäden durch die Darstellung zu erleiden. (Anette Sydow, dpa) / ()


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