US-Verband der Musikindustrie weitet Kampagne gegen Studenten aus

Erneut hat die RIAA Briefe an hunderte angeblich filesharende US-Studenten geschickt und sie zu einem außergerichtlichen Vergleich aufgefordert. Doch nicht alle Universitäten wollen die Schreiben an die Adressaten weiterleiten.

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Der US-Verband der großen Musik-Labels weitet seine Kampagne gegen filesharende Studenten aus. In einer zweiten Welle hat die Recording Industry Association of America (RIAA) über 400 Briefe an Studenten zahlreicher Universitäten verschickt. Der Verband kennt nur die IP-Adressen, über die aus dem jeweiligen Universitätsnetz angeblich Musikdateien illegal verbreitet wurden. Nach dem Gesetz sind die Universitäten nicht verpflichtet, die zu einer IP-Adresse gehörenden Nutzerdaten ohne richterliche Anordnung herauszugeben. Die RIAA fordert die Unis – wie zuvor schon die kommerziellen ISPs – zur Kooperation auf: Sie sollen die Schreiben an ihre Studenten weiterleiten.

Während einige Bildungseinrichtungen mit der RIAA zusammenarbeiten und dem Verband so ein möglicherweise kompliziertes und kostspieliges Gerichtsverfahren ersparen, scheint er Widerstand gegen diese Methoden auch in akademischen Zirkeln zu wachsen. Die Universität von Wisconsin will sich nicht zum Instrument zur Umgehung eines juristischen Verfahrens machen lassen und entschied, die Briefe ohne richterliche Anordnung nicht weiterzuleiten. Mit den Drohungen wolle der Verband den Rechtsweg umgehen, sagte ein Sprecher der Campus-Zeitung The Badger Herald. "Wir wollen dran nicht teilhaben, wir sind nicht der Rechtshelfer der Musikindustrie". Allerdings warnte die Universität ihre Studenten erneut, die Nutzungsregeln für das Uni-Netz zu beachten und illegale Handlungen zu unterlassen. Bei der Universität von Nebraska kann man der RIAA nicht helfen: IP-Nummern würden bei jedem Computerstart neu vergeben, teilte die Uni mit, zudem würden die jeweiligen Daten nur einen Monat lang gespeichert. Die RIAA hält es dagegen für notwendig, dass die Universität diese Daten länger vorhalte. Eine Verpflichtung dazu besteht nach dem Gesetz nicht.

Die Weigerung der Verantwortlichen in Wisconsin versteht der Verband ebenso wenig. "Es ist unvorstellbar, dass eine Universität ihren Studenten nicht helfen will, einen Prozess zu vermeiden", teilte eine Sprecherin dem Badger Herald mit. Über die Hälfte der amerikanischen Studenten sollen Filme und Musik illegal aus dem Netz herunterladen und es 2006 dabei auf 1,3 Milliarden illegale Musikdownloads gebracht haben, verteidigen die beiden RIAA-Spitzen Mitch Bainwol und Cary Sherman die Vorgehensweise des Verbandes. Mit einer außergerichtliche Einigung hätten die Studenten die Möglichkeit, die Angelegenheit frühzeitig und zu einer "substanziell ermäßigten" Summe aus dem Weg zu schaffen. Kritiker der RIAA-Methode verweisen dagegen stets darauf, dass die RIAA ihre Ansprüche erst einmal vor Gericht darlegen solle und sehen in dem Angebot eher eine Form der Erpressung.

Andere Universitäten wie die des Bundesstaates Ohio haben der RIAA dagegen Folge geleistet und die Schreiben an ihre Studenten weitergeleitet. In den Briefen bietet die RIAA eine außergerichtliche Einigung über eine eigens dafür eingerichtete Website an. Einer Studentin in Ohio wurde die Verbreitung von 787 Musikdateien zur Last gelegt. Die RIAA berechnet den Berichten zufolge daraus Ansprüche von über 590.000 US-Dollar – oder 750 US-Dollar pro Song. Angesichts solcher Summen und des Prozessrisikos scheint den Betroffenen ein Vergleich das kleinere Übel zu sein. Etwa ein Viertel der angeschriebenen Studenten habe sich zu einem Vergleich entschieden, erklärte der Verband, und sieht die Aktion als Erfolg. Die durchschnittliche Vergleichssumme soll Medienberichten zufolge bei rund 3000 US-Dollar liegen, einzelne Vergleiche sollen auch schon bei 700 US-Dollar anfangen. (vbr)