Umstrittenes Jugendschutzgesetz nimmt letzte Hürde [Update]

Auch der Bundesrat stimmte dem umstrittenen neuen Jugendschutzgesetz zu, mit dem Jugendliche vor Gewaltdarstellungen im Internet und bei Computerspielen geschützt werden sollen.

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Von
  • Jürgen Kuri

Nach dem Bundestag hat nun auch die Vertretung der Bundesländer dem Koalitionsentwurf für ein neues Jugendschutzgesetz zugestimmt. Damit nahm das umstrittene Gesetz, mit dem nach Ansicht der Politik Jugendliche künftig besser vor Gewaltdarstellungen im Internet und bei Computerspielen geschützt werden sollen, in geradezu atemberaubendem Tempo alle parlamentarischen Hürden. Das Gesetz tritt zeitgleich mit dem neuen Ländermedienstaatsvertrag in Kraft -- dieser muss aber noch von den Ministerpräsidenten unterzeichnet werden.

Das neue Jugendschutzgesetz, das seit 1985 geltende Bestimmungen ersetzt, war vor dem Amoklauf am Gutenberg-Gymnasium in Erfurt lange in den Gremien vor sich hin gedümpelt -- zuletzt erregte das Vorhaben der Bundesregierung Aufsehen, Kids den Disco-Besuch schon ab 14 Jahren bis 23 Uhr zu erlauben; diese Bestimmung beispielsweise findet sich aber im beschlossenen Gesetz nicht mehr. Anfang Mai aber, nachdem ein relegierter Schüler des Erfurter Gutenberg-Gymnasiums 16 Menschen -- neun Lehrerinnen, vier Lehrer, eine Schülerin, einen Schüler sowie einen Polizisten -- erschossen und sich anschließend selbst getötet hatte, beschloss die Bundesregierung nach heftiger Aufregung über die Ursachen solcher Gewalttaten verschärfte Jugendschutzbestimmungen. Diese wurden bereits am 14. Juni vom Bundestag abgesegnet und nun am heutigen Freitag vom Bundesrat verabschiedet.

Kernpunkte des neuen Gesetzes sind unter anderem, dass alle neue Medien, beispielsweise Internetseiten, künftig auf den Index gesetzt werden können und die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, bislang als Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS) bekannt, auch ohne Antrag Medien aller Art auf eine Verbotsliste setzen kann. Die Verbotsliste soll nicht mehr veröffentlicht werden, um einen unerwünschten Werbeeffekt zu vermeiden, sondern nur den Behörden und Entwicklern von Filterprogrammen zugänglich gemacht werden. Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz können mit Strafen bis zu 50.000 Euro belegt werden, bislang waren bis zu 10.000 Euro fällig.

Computerspiele müssen zudem ähnlich wie Kino- und Videofilme künftig mit differenzierten, verbindlichen Altersfreigaben gekennzeichnet werden. Außerdem werden die Verbots- und Indizierungskriterien für gewaltdarstellende Medien erweitert und verschärft. Künftig sind auch ohne Indizierung durch die Bundesprüfstelle "Trägermedien, die den Krieg verherrlichen, die Menschen in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellen oder Jugendliche in geschlechtsbetonter Körperhaltung zeigen, mit weitreichenden Abgabe-, Vertriebs- und Werbeverboten belegt".

Das neue Gesetz stößt aber nicht überall auf Zustimmung. Medienverbände kritisieren beispielsweise die Einfühung einer Lizenzpflicht für die Selbstkontrolle bei Online-Medien. Wirtschaftsverbände fordern statt neuer gesetzlicher Regelungen die Selbstregulierung der Internet-Wirtschaft. Auf der anderen Seite geht einigen Politikern das neue Gesetz nicht weit genug: Nachdem beispielsweise Bayerns Innenminister Günther Beckstein, Mitglied im so genannten Kompetenzteam des CDU/CSU-Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber, bereits ein absolutes Verleih- und Produktionsverbot für gewaltverherrlichende Filme und Computerspiele gefordert hatte, kritisierte die bayerische Familienministerin Christa Stewens (CSU) bei der heutigen Beratung im Bundesrat erhebliche Lücken im Gesetz und forderte baldige Verbesserungen. So beschloss denn auch die Unionsmehrheit im Bundesrat, eine weitergehende Gesetzesinitiative Bayerns im Bundestag einzubringen. Sie sieht unter anderem eben das von Beckstein geforderte generelle Verbot für die Verbreitung schwer jugendgefährdender Videofilme, Computer- und Videospiele vor. Außerdem sollen so genannte Killerspiele grundsätzlich verboten werden.

Siehe dazu auch: (jk)