Katastrophen-Warnungen: Warnmelde-Kette bei Ahr-Flut im Untersuchungsausschuss

Die relevanten Informationen seien in Rheinland-Pfalz vorhanden gewesen, gehandelt wurde aber nicht entsprechend. Das ist einer der Schlüsse im U-Ausschuss.

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Monreal in der Eifel im Juli 2021

(Bild: M. Volk/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Ira Schaible
  • dpa
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Vor dem extremen Dauerregen an der Ahr im Juli ist rechtzeitig gewarnt worden. Das haben zahlreiche Sachverständige und Zeugen in zwei Mammutsitzungen des Untersuchungsausschusses Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz deutlich gemacht. Die Fraktionen ziehen daraus unterschiedliche Schlüsse für die Befragungen, die an diesem Freitag im Landtag in Mainz weitergehen. Als erster von sechs Sachverständigen und Zeugen wird der Meteorologe und TV-Moderator Karsten Schwanke erwartet.

"Inwieweit und in welcher Form die tatsächlichen eingetretenen meteorologischen Bedingungen rund um den 14. Juli in Ausmaß und Intensität vorhersehbar waren", diese Frage ist nach Einschätzung von FDP-Fraktionschef Philipp Fernis noch offen.

"Auch wird der Frage nachzugehen sein, wann und wie die vorliegenden Erkenntnisse zur erwarteten Wetter- sowie Hochwassersituation an die Kreisverwaltung Ahrweiler kommuniziert wurden", sagte Fernis gegenüber dpa. "In diesem Zusammenhang ist natürlich auch zu klären, ob und wie die Kreisverwaltung und der damalige Landrat Jürgen Pföhler auf die vorliegenden Informationen und Warnungen reagiert haben." Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den CDU-Politiker, weil er womöglich zu spät vor der Gefahr gewarnt hatte.

Der Obmann der Freien Wähler, Stephan Wefelscheid, resümierte: "Meine Vermutung, dass die Wetterlage falsch eingeschätzt wurde, hat sich bestätigt." Jetzt gehe es um die Frage, warum nicht entsprechend gehandelt wurde. Die Warn- und Meldeketten müssten auf mögliche Defizite und Brüche untersucht und geklärt werden, "ob und wenn ja wann" die Spitze des Umweltministeriums über die Lage informiert wurde. Zu diesen Fragen erhofft sich Wefelscheid von der Sitzung neue Erkenntnisse.

Nach Einschätzung der CDU-Obleute habe bereits am 13. Juli das dramatische Ausmaß der Wetterlage erkannt werden können. "Die folgenschweren Brüche in der Warnkette müssen danach passiert sein", stellen sie fest. Sie sehen in dieser Frage das Landesamt für Umwelt im Fokus: "Die meteorologischen Daten auszuwerten, hydrologisch aufzubereiten und in entsprechende Warnungen zu übersetzten, ist Aufgabe des Landesamtes für Umwelt." An diesem Freitag müsse der konkrete Umgang mit den Daten, der Kommunikation und Organisation geklärt werden.

Nach Auffassung von SPD-Obmann Nico Steinbach geht es dagegen um folgende Fragen: "Warum hat der Kreis Ahrweiler in der Flutkatastrophe erst so spät reagiert? Warum wurden Warnungen nicht in entsprechende Handlungen umgesetzt? Und welche Rolle spielte dabei der ehemalige Landrat?"

Aus den bisherigen Befragungen gibt es nach Steinbachs Einschätzung vor allem drei Erkenntnisse: "Es gibt nicht nur einen Faktor, der zur Katastrophe geführt hat, sondern es war eine Verkettung mehrerer vor allem lokaler und regionaler Besonderheiten." Zudem habe sich gezeigt: "Die Vorhersagen solcher Extremwettereignisse in genauem Ausmaß und exaktem Ort sind bis Stunden vor Eintritt mit Unsicherheiten verbunden." Allerdings hätten dem Kreis Ahrweiler "offenbar vor der Katastrophe vielfältige Warnungen mehrerer Stellen vorgelegen".

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Der Vertreter der Grünen-Fraktion, Carl-Bernhard von Heusinger fasst die bisherigen Sitzungsergebnisse so zusammen: "Am Nachmittag des 14. Juli ist klar gewesen, dass eine Katastrophe bevorsteht." Die befragten Sachverständigen hätten klargestellt, dass die Hochwasserprognosen rechtzeitig und ordnungsgemäß an die betroffenen Landkreise herausgegeben worden seien. "Es wurde bestätigt, dass die relevanten Informationen vor Ort vorhanden waren. Darin unterscheidet sich die Situation in Rheinland-Pfalz erheblich von der Situation in Nordrhein-Westfalen, wo offenbar die Warnungen gar nicht vor Ort vorlagen."

Die AfD-Fraktion hat auf die Anfrage zunächst nicht geantwortet.

Bei der Flutkatastrophe in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli sind im nördlichen Rheinland-Pfalz 135 Menschen ums Leben gekommen, davon 134 an der Ahr. Hunderte Menschen wurden verletzt und große Teile des idyllisch gelegenen Tals verwüstet. Noch immer leben zahlreiche Menschen in Ausweichquartieren.

(kbe)