Vom Hacker zum Phantom: Zum Tode von Kevin Mitnick

Der Ruf, dass kein Computer vor ihm sicher sei, begleitete Kevin Mitnick ein Leben lang. Mitte Juli ist er gestorben.

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Kevin Mitnick im Jahr 2010

(Bild: Campus Party México (CC BY 2.0))

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Wie jetzt bekannt wurde, ist der Sicherheitspezialist Kevin Mitnick in Las Vegas an den Folgen eines Bauchspeicheldrüsenkrebses am 16. Juli gestorben. Er wurde 59 Jahre alt. Bekannt wurde Mitnick Mitte der 90er-Jahre als Hacker, vor dem kein Computer sicher ist. Er selbst nannte sich "social engineer", denn ein Großteil seiner Einbrüche in fremde Computersysteme erfolgte mit Passwörtern, die er mit trickreichen Telefongesprächen ermittelte.

Der am 6. August 1963 im kalifornischen Van Nuys geborene Kevin David Mitnick wuchs als Kind einer alleinerziehenden Mutter im Großraum von Los Angeles auf. Als Schüler entdeckte er, wie Busfahrer Fahrkarten beim Umsteigen entwerteten und schaffte sich einen eigenen Locher an, um achtlos weggeworfene Tickets entsprechend zu präparieren. Dazu lernte er die Fahrpläne auswendig. Seine nächsten Leidenschaften wurde das Phreaking von Telefon-Systemen und der Amateurfunk. Mit großer Ausdauer suchte er nach Test-Nummern, die von Technikern der Telefongesellschaften genutzt wurden und tauschte diese mit anderen Funkern aus.

Im Alter von 16 Jahren geriet er an eine Telefonnummer, die ihn mit einem Computer von Digital Equipment (DEC) verband. Nach und nach erkundete er das Netzwerk von DEC und kopierte Software der Firma. Dafür wurde er 1988 zu 12 Monate Gefängnis und drei Jahre Bewährung verurteilt. Gegen Ende dieser Bewährungszeit brach Mitnick in die Voicemail-Computer von Pacific Bell ein und taucht unter, als er mit einem erneuten Haftbefehl gesucht wurde.

"Der junge Mann, über den wir schreiben, beging Taten, die die Gesellschaft als verbrecherisch beurteilt, doch er hielt sich selbst nicht für kriminell. Er sah sich als Erforscher einer ungewöhnlichen elektronischen Welt, in der es keine klaren Regeln gibt", schrieben Katie Hafner und John Markoff 1995 in ihrem Buch "Kevin Mitnick. Der Hacker". Nach zweieinhalb Jahren auf der Flucht wurde Kevin Mitnick im Februar 1995 verhaftet und verbrachte die viereinhalb Jahre bis zu seinem Prozess 1999 als "gefährlichster Hacker der Welt" in Untersuchungshaft. Nach der Verurteilung zu 46 Monaten Gefängnis kam er nach eigener Aussage 8 Monate in Einzelhaft, weil er mit dem Telefon einen Atomkrieg auslösen könnte, wie ein Richter glaubte.

Nach seiner Entlassung und einer erfolgreichen Klage gegen ein verhängtes Publikationsverbot konnte sich Kevin Mitnick mit verschiedenen Co-Autoren durch drei Bücher rehabilitieren: "Die Kunst der Täuschung", "Die Kunst des Einbruchs" und "Die Kunst der Anonymität" zeigten die unterschiedlichsten Sicherheitsprobleme, die bei der Digitalisierung der Gesellschaft zu neuen Verkehrsregeln und Verhaltensformen führen. Daneben veröffentlichte er seine Autobiographie "Ghost in the Wires", auf Deutsch "Das Phantom im Netz".

Schließlich konnte er als akzeptierter Experte für Computersicherheit die Beratungsfirma "Mitnick Security Consulting" gründen und bei weiteren Sicherheitsspezialisten mitarbeiten. Einen interessanten Auftritt hatte er 2016 in dem Dokumentarfilm "Wovon träumt das Internet" von Werner Herzog.

Kevin Mitnick starb nach 14 Monaten Kampf gegen den Bauchspeicheldrüsenkrebs. Die Geburt seines ersten Kindes konnte er nicht mehr erleben.

(axk)