Vorwurf: Nvidia ist ein GPU-Kartell

Nvidia straft angeblich Firmen ab, die KI-Beschleuniger etwa von AMD oder Groq in Betracht ziehen.

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Nvidias KI-Beschleuniger H100

Die H100 beschert Nvidia momentan Milliarden an Gewinnen.

(Bild: Nvidia)

Lesezeit: 4 Min.
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Mit seinen Hopper-Karten wie der H100 und H100 NVL ist Nvidia derzeit der wichtigste Hardware-Lieferant fürs Training von KI-Algorithmen. Diesen Status nutzt Nvidia angeblich aus, um seine Marktmacht zu festigen.

Vorwürfe in die Richtung hat zunächst Jonathan Ross geäußert. Er ist CEO des Start-ups Groq, das eigene KI-Beschleuniger entwickelt. In einem Gespräch mit dem Wall Street Journal warf Ross Nvidia vor, absichtlich Lieferungen von H100-Karten zu verzögern, wenn die Firma mitbekommt, dass der Kunde mit anderen Chipherstellern spreche:

"Viele Leute, mit denen wir uns treffen, sagen, wenn Nvidia erfahren würde, dass wir uns treffen, würden sie es abstreiten. Das Problem ist, dass man Nvidia ein Jahr im Voraus bezahlen muss, und dass man die Hardware vielleicht in einem Jahr bekommt oder es länger dauert, und dann heißt es: 'Ach was, ihr kauft von jemand anderem und ich schätze, es wird ein bisschen länger dauern.'"

Nach der Veröffentlichung des WSJ-Artikels pflichtete ihm Scott Herkelman bei. Herkelman war vom September 2016 bis Dezember 2023 Chef von AMDs Radeon-Sparte und vom September 2012 bis Mai 2015 General Manager von Nvidias GeForce-Gruppe. Er kennt also beide Seiten. Auf X (Twitter) schrieb Herkelman:

"Das passiert öfter als man denkt; Nvidia macht das mit Rechenzentren-Kunden, OEMs, AIBs [Anm. d. Red.: Hersteller von Desktop-Grafikkarten], Presse und Wiederverkäufern. Sie haben vom GPP gelernt, es nicht schriftlich festzuhalten. Sie liefern einfach nicht aus, nachdem ein Kunde bestellt hat. Sie sind das GPU-Kartell und kontrollieren das gesamte Angebot."

GPP steht für GeForce Partner Program, das Nvidia Anfang 2018 ins Leben gerufen, wegen zu viel Kritik aber wieder eingestellt hat. Damals sollten Grafikkartenhersteller belohnt werden, die ihre Gaming-Marken exklusiv auf GeForce ausrichten.

MSI hat daraufhin vorübergehend fast keine Radeon-Grafikkarten mehr aufgelegt. Asus rief die Marke Arez ins Leben und brachte zeitweise keine Radeon-Modelle mehr unter dem ROG-Banner auf den Markt. Zudem gab es jahrelang nur ROG-Monitore mit Nvidias G-Sync-Modul, nicht aber mit AMDs Freesync.

Nachdem das GeForce Partner Program Geschichte war, legte Nvidia eine weitreichende Vertraulichkeitsvereinbarung (Non-Disclosure Agreement / NDA) auf. NDAs sind insbesondere beim Technikjournalismus üblich, etwa um Zugriff auf frühe Testexemplare zu erhalten. Nvidias Vereinbarung war jedoch ungewöhnlich weitreichend, ohne Produktbezug und mit Bedingungen, die journalistischen Grundsätzen zuwiderlaufen.

Dieses NDA existiert bis heute. heise online und c't weigern sich, dieses zu unterschreiben, und erhalten deshalb weiterhin keine Testmuster oder Vorabinformationen zu Nvidias GeForce-Grafikkarten. Für Tests bekommen wir nach der Vorstellung Testmodelle von Drittherstellern oder kaufen sie selbst im Handel.

Im Jahr 2020 schlug ein Fall von Nvidias Einflussnahme besonders hohe Wellen. Damals warf die Firma dem Youtube-Kanal "Hardware Unboxed" vor, Raytracing-Grafikeffekte schlechtzureden, und schickte vorübergehend keine weiteren Testmuster an den Kanal. Die Entscheidung habe Nvidia überdenken wollen, "sofern man die redaktionelle Ausrichtung ändert". Inzwischen ist Raytracing in Spielen deutlich weiter verbreitet und "Hardware Unboxed" bekommt wieder Muster.

Zu Zeiten des GPP und neuen NDA waren GeForce-Grafikkarten noch Nvidias Haupteinnahmequelle. Inzwischen macht Nvidia jedoch mehr als 80 Prozent seines jedoch mit Beschleunigern für Server und Rechenzentren – im letzten Quartal waren es 18,4 Milliarden von insgesamt 22,1 Milliarden US-Dollar. Im gesamten Fiskaljahr 2024 (Februar 2023 bis Ende Januar 2024) hat Nvidia fast 61 Milliarden Dollar umgesetzt und 29,8 Milliarden Dollar Gewinn gemacht. Intels Jahresgewinn (1,68 Milliarden) hat die Firma damit um den Faktor 17,7 überflügelt und AMDs (1,25 Milliarden) um den Faktor 23,8.

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