Wegen schlechter Umweltbilanz: Tesla stoppt Zahlung mit Bitcoin

Tesla-Chef Elon Musk stört sich an der Umweltbilanz des Bitcoin. Künftig werde man die Kryptowährung nicht mehr annehmen. Eine Ansage mit weitreichenden Folgen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 554 Kommentare lesen

(Bild: Jure Divich/Shutterstock.com)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • dpa
Inhaltsverzeichnis

Der US-Elektroautobauer Tesla hat Zahlungen mit der Kryptowährung Bitcoin wegen Umweltbedenken angesichts des hohen Stromverbrauchs gestoppt. Der Konzern habe die Entscheidung wegen des rapide ansteigenden Verbrauchs von fossilen Brennstoffen für die Herstellung von und Transaktionen mit Bitcoins getroffen, erklärte Tesla-Chef Elon Musk via Twitter. Vor allem, dass viel Kohleenergie dafür genutzt werde, sei bedenklich.

Musks Tweet ließ den Bitcoin-Preis schlagartig um Tausende Dollar abstürzen. Der Kurs der wichtigsten Digitalwährung sank zeitweise auf 45.700 US-Dollar (knapp 38.000 Euro), nachdem er in der Nacht noch bei 54.817 Dollar (etwa 45.000 Euro) notiert hatte. Zuletzt erholte sich er sich etwas und wurde am Donnerstagvormittag mit rund 50.00 Dollar (circa 41.000 Euro) gehandelt.

Nicht nur der Bitcoin, auch die zweitgrößte Digitalwährung Ether geriet unter Druck. Der Rückgang war zuletzt mit rund sieben Prozent ähnlich stark wie beim Bitcoin. Ether hat zuletzt an Bedeutung gewonnen. Auch das Krypto-Meme Dogecoin und andere Währungen wie Binance Coin und Ripple gaben deutlich nach.

Mehr zu Geldanlagen und Kryptowährungen:

Einige Beobachter erwarten, dass auch andere Unternehmen dem Vorbild von Musk folgen könnten. So sei unter US-Präsident Joe Biden die Umweltdebatte stärker in den Blick geraten. "Das proaktive Handeln Teslas könnte auch auf politischem Druck gewachsen sein", kommentiert Analyst Timo Emden von Emden Research. "Der Ausstieg des Unternehmens ist eine große Niederlage für den Bitcoin als Bezahlmittelfunktion." Allerdings standen Kryptoanlagen im allgemeinen Abwärtstrend an den Börsen zur Wochenmitte schon vor Musks Statement unter Druck.

Musk machte klar, dass er grundsätzlich ein Fürsprecher der Branche bleibt: "Kryptowährung ist auf vielen Ebenen eine gute Idee und wir glauben an eine vielversprechende Zukunft, aber dies kann nicht zu großen Lasten der Umwelt gehen", hieß es in seinem Statement. Tesla hatte erst im März begonnen, Bitcoins zum Kauf von Elektroautos zu akzeptieren. Zuvor hatte der Konzern eine Investition in Bitcoins für 1,5 Milliarden Dollar (1,2 Milliarden Euro) bekannt gegeben und der ältesten und bekanntesten Cyberwährung damit einen ordentlichen Schub gegeben.

Wie hoch der Strombedarf des Bitcoin insgesamt ausfällt, kann man nirgendwo exakt ablesen. Die Plattform Digiconomist des niederländischen Ökonomen Alex de Vries schätzt, dass jährlich knapp 100 Terawattstunden dafür anfallen. Forscher am Center for Alternative Finance der Universität Cambridge kommen auf einen noch etwas höheren Wert: Sie haben einen Jahresverbrauch von rund 141 Terawattstunden pro Jahr errechnet. So viel Energie verbrauchen auch ungefähr die Niederlande, ein Land mit 17 Millionen Einwohnern.

Der hohe Energieverbrauch kann auch auf die konkrete Verwendung des Bitcoin heruntergebrochen werden: Die Cambridge-Forscher haben ausgerechnet, dass jede Transaktion einen Fußabdruck von 428 Kilogramm des Klimagases CO2 hinterlässt. Das entspricht knapp einer Million Buchungen beim Kreditkartenanbieter Visa oder dem Konsum von rund 71.000 Stunden YouTube-Videos.

Der Energiebedarf ist auf die Vorgaben des Erfinders des Bitcoin zurückzuführen, der nur unter dem Pseudonym "Satoshi Nakomoto" bekannt ist. Er musste einen Weg finden, um Doppelausgaben des Digitalgeldes zu verhindern. Beim Papiergeld besteht das Problem nicht, weil jeder Geldschein aus dem Portemonnaie verschwindet, sobald er ausgegeben wurde. Aber bei digitalem Geld könnte jemand die Datei kopieren und den virtuellen Geldschein immer wieder ausgeben.

Als Lösung hat Satoshi für die Kontrolle der Bitcoin-Verwendung und das Schürfen neuer Bitcoins ein Verfahren festgelegt, das auf der Lösung von mathematischen Problemen durch die Miner (Bergleute) beruht. Damit wird in dem Netzwerk auch sichergestellt, dass Transaktionen nicht rückgängig gemacht werden können. Man bräuchte mehr als die Hälfte der gesamten Rechenleistung im Bitcoin-Netzwerk, um es zu manipulieren und etwa einen Bitcoin doppelt auszugeben.

Die Betreiber der Rechner im Netzwerk werden für ihre Arbeit belohnt. Allerdings kommt immer nur derjenige zum Zug, der das Ergebnis zuerst liefert. Alle anderen Miner gehen leer aus. Dieses ineffiziente "Proof of Work"-Verfahren ist der eigentliche Grund für den hohen Energie-Konsum. Kleinere Kryptowährungen wie Peercoin, Blackcoin und Nxt verwenden ein anderes Verfahren ("Proof of Stake"), bei denen die Rechenleistung der Miner keine Rolle spielt. Hier werden die

Arbeitsaufgaben zur Blockbildung wie bei einer Lotterie vergeben. Dabei werden diejenigen Pools bevorzugt, die bereits über viele virtuelle Münzen verfügen. Weil der Besitz von Hochleistungsrechnern bei diesem neuen Verfahren nicht mehr entscheidend ist, lehnen die meisten Miner in der Bitcoin-Community einen Umstieg auf das umweltfreundlichere Konsensverfahren ab. Schließlich haben sie große Summen in ihre Technik investiert und wollen diese nicht wertlos machen.

Experten wie der niederländische Ökonom de Vries sehen vor diesem Hintergrund keine Perspektive, dass der Bitcoin irgendwann weniger Energie verschlingen wird – ganz im Gegenteil. Der steigende Kurs animiere immer mehr kommerzielle Bitcoin-Schürfer, ins Geschäft einzusteigen – auch mit älteren Rechenzentren, deren Betrieb sich bei einem niedrigeren Kurs nicht mehr gelohnt hat.

Der Wirtschaftswissenschaftler Philipp Sandner sieht hier allerdings keinen großen Unterschied zu klassischen Anlageformen wie Gold und Silber. Da werde auch die Umwelt belastet. Und wenn der Goldkurs steige, lohne es sich auch, noch mehr Diesel, Strom und Chemikalien einzusetzen, um aus bislang unrentablen Minen Gold zu schürfen, sagt der Professor an der Frankfurt School of Finance & Management.

Für Sandner ist nicht die Summe der Energie entscheidend, sondern die Energiequelle. "Das Bitcoin-Netzwerk wird schon heute zu 60 bis 65 Prozent – je nach Schätzung – mit grüner Energie betrieben." So seien bei der Bitcoin-Erzeugung neben China und Ländern wie Tadschikistan auch Regionen wie Nord-Norwegen sowie Schweden, Finnland und Island hoch im Kurs. Forscher in Cambridge haben allerdings nur einen Anteil von rund 40 Prozent erneuerbarer Energie im Bitcoin-Netzwerk ausgerechnet und verweisen auf problematische Umstände in Ländern wie dem Iran.

Diese Probleme halten aber Bitcoin-Fans nicht davon ab, weiterhin auf die Kryptowährung zu setzen. Und selbst für Tesla hat sich das Bitcoin-Engagement bislang mehr als gelohnt. Musk hatte Anfang Februar in seinem Unternehmen durchgesetzt, dass 1,5 Milliarden Dollar (1,2 Milliarden Euro) des Barvermögens von Tesla in die Digitalwährung investiert werden. Tesla konnte im Februar bei einem Kurs von schätzungsweise 39.000 Dollar (32.000 Euro) einsteigen.

Teslas Modellpalette (33 Bilder)

Auf der LA Auto Show 2019 stellte Tesla den Cybertruck vor.
(Bild: Tesla)

Einen Teil der Gewinne hat Musk auch schon mitgenommen. Im jüngsten Geschäftsquartal hatte das Unternehmen Bitcoins im Wert von fast 300 Millionen Dollar (circa 250 Mio. Euro) wieder verkauft und daran nach eigenen Angaben rund 100 Millionen (etwa 83 Mio. Euro) verdient.

(ssi)