Wirecard verschiebt erneut Bilanzvorlage, Aktie stürzt ab

Der Skandal um Wirecard nimmt kein Ende: Schon wieder wird die Bilanz-Vorlage verschoben, Prüfern fehlten Nachweise für milliardenschwere Treuhandkonten.

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Wirecard

Die Firmenzentrale von Wirecard im bayerischen Aschheim.

(Bild: dpa, Sven Hoppe)

Lesezeit: 3 Min.

Der Zahlungsdienstleister Wirecard kann wegen milliardenschwerer Unklarheiten in der Bilanz seinen Jahresabschluss erneut nicht vorlegen. Die beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY habe das Unternehmen darüber informiert, dass über die Existenz von Bankguthaben auf Treuhandkonten in Höhe von 1,9 Milliarden Euro keine ausreichenden Prüfungsnachweise vorlägen, teilte der Dax-Konzern am Donnerstag in Aschheim bei München mit. Damit geht es um etwa ein Viertel der gesamten Bilanzsumme.

Wirecard will Strafanzeige gegen unbekannt erstatten, wie ein Konzernsprecher am Donnerstag sagte. Das Unternehmen sehe sich als mögliches Opfer eines "gigantischen Betrugs".

Es gebe Hinweise, dass dem Abschlussprüfer von einem Treuhänder oder aus dem Bereich von Banken, die die Treuhandkonten führen, "unrichtige Saldenbestätigungen zu Täuschungszwecken vorgelegt wurden", hieß es in der Mitteilung. Der Aktienkurs brach daraufhin um mehr als die Hälfte ein.

Der Konzern muss seine bereits mehrfach – zuletzt auf diesen Donnerstag – verschobene Vorlage des Jahresabschlusses für 2019 daher erneut vertagen. Ein neues Datum steht noch nicht fest. "Der Vorstand arbeitet mit Hochdruck daran, den Sachverhalt in Abstimmung mit dem Abschlussprüfer weiter aufzuklären", hieß es. Sollte der Konzern einen testierten Abschluss bis Freitag (19. Juni) nicht vorlegen, könnten Kredite der Wirecard AG in Höhe von etwa 2 Milliarden Euro gekündigt werden, warnte das Unternehmen. Auch die bis 2024 laufende Anleihe des Unternehmens wird aktuell mit deutlichem Abschlag gehandelt.

Erst vor rund zwei Wochen hatte die Staatsanwaltschaft München I nach einer Anzeige der deutschen Finanzaufsicht Bafin Ermittlungen gegen die vier Wirecard-Vorstandsmitglieder – inklusive Konzernchef Markus Braun – eingeleitet und die Firmenzentrale im Münchner Vorort Aschheim durchsuchen lassen.

Dabei geht es um die Frage, ob der Bezahldienstleister in zwei Börsenmitteilungen vom März und April irreführende Informationen für Anleger veröffentlicht hat. In diesen zwei Mitteilungen hatte Wirecard erklärt, eine Sonderuntersuchung der Jahresabschlüsse 2016, 2017 und 2018 durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG habe bis dato keine Belege für Bilanzmanipulationen ergeben.

Tatsächlich hatten die KPMG-Prüfer dann in ihrem Ende April fertig gestellten Bericht aber erklärt, dass sie wesentliche Fragen mangels Unterlagen nicht aufklären konnten. Auslöser der Sonderprüfung war eine Serie von Berichten in der britischen Financial Times, die dem Unternehmen Manipulation der Bilanzen vorwarf.

Das Unternehmen soll falsche und rückdatierte Verträge genutzt haben, um Gelder zwischen asiatischen Tochterfirmen zu verschieben und Scheinumsätze zu generieren. Im Zuge von Untersuchungen musste Wirecard auch falsche Verbuchungen einiger Geschäfte einräumen, aber in geringerem Umfang als die Berichte nahelegten. (mit Material der dpa) / (axk)