Zypries: Überwachung von Telefonaten im Internet stärker nutzen
Die Bundesjustizministerin fordert die Sicherheitsbehörden auf, die technischen Voraussetzungen für das Abhören von Internet-Telefonie zu verbessern.
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) will die Möglichkeiten des Mithörens von Telefonaten im Internet verstärkt nutzen. Sie fordert die Sicherheitsbehörden auf, die technischen Voraussetzungen hierfür zu verbessern. "Viele, die lautstark die Überwachung der Internet-Kommunikation von potenziellen Terroristen fordern, wissen offenbar gar nicht, dass dies in weiten Teilen nach geltendem Recht schon möglich ist", sagte sie der Welt am Sonntag. "Telefonate, die über das Internet geführt werden, können heute schon abgehört werden – genauso wie E-Mails mitgelesen werden können."
Zypries lehnt die vor allem von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) geforderte Online-Durchsuchung von Privatcomputern mit dem Hinweis ab, dass weder die technischen noch die rechtlichen Voraussetzungen ausreichend geklärt seien. Dies sei bei Telefonaten im Internet allerdings anders, sagte Zypries. Auch die im Sauerland festgenommenen mutmaßlichen Terroristen hatten vielfach das Internet genutzt, um zu telefonieren.
Die Internet-Telefonie nehme zu, und immer öfter würden diese Gespräche verschlüsselt geführt. "Hier liegt aus meiner Sicht ein vordringliches Problem, um das sich die Sicherheitsbehörden technisch kümmern müssen", sagte Zypries. "Auch die verfassungsrechtlichen Fragen zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung sind in diesem Bereich einfacher zu lösen als bei der Online-Durchsuchung einer Festplatte, also dem – wenn Sie so wollen – Durchsuchen des 'elektronischen Schreibtisches'". Zypries bleibt bei ihrer ablehnenden Haltung, was die Online-Durchsuchung angeht.
Zum aktuellen Stand und der Entwicklung der Debatte um die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe:
Siehe dazu auch die Anmerkungen zur Online-Durchsuchung von BKA-Chef Jörg Ziercke und von Datenschützern auf der Datenschutz-Sommerakademie des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz:
- Mit Unikaten gegen Straftaten
- Hickhack um Online-Durchsuchung
- Schutz und Trutz vor der Online- Durchsuchung
Einen ausführlichen Einblick in die jüngsten Ausführungen des Bundesinnenministeriums zu den Plänen für Online-Razzien und in die Antworten Schäubles auf den Fragenkatalog des Bundesjustizminsteriums sowie der SPD-Fraktion zur Online-Durchsuchung bieten Meldungen im heise-Newsticker und ein Bericht in c't – Hintergrund:
- Innenministerium verrät neue Details zu Online-Durchsuchungen
- Innenministerium bezeichnet Entdeckungsrisiko für Bundestrojaner als gering
- Heimliche Online-Durchsuchungen und der Schutz der Privatsphäre
- Bundesregierung sieht sich mit Online-Durchsuchungen nicht allein
- Netzpolitik hat mittlerweile die Antworten des Bundesinnenministeriums im Wortlaut online dokumentiert: Antworten auf den Fragenkatalog des Bundesjustizministeriums, Antworten auf die Fragen der SPD-Fraktion
(dpa) / (jk)