AMD pflegt proprietären Linux-Treiber für ältere Grafikhardware nicht weiter

Auf zukünftigen Linux-Distributionen muss man älteren Radeon-GPUs mit den Open-Source-Treibern nutzen, weil AMD die Unterstützung für ältere Grafikhardware entfernt und die aktuellen Treiber für Linux nicht weiter pflegt.

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Von
  • Thorsten Leemhuis

Die Version 9.3 der als Catalyst oder "fglrx" bekannten proprietären Linux-Grafiktreiber von AMD wird die letzte sein, die die unter anderem auf den Radeon-Modellen 9500 bis X1950 eingesetzten GPUs der Serien R300, R400 und R500 unterstützt. Eine weitere Pflege dieser Versionsreihe im Rahmen einer Legacy-Serie plant AMD im Unterschied zu den ebenfalls um Unterstützung für ältere Grafikchips beschnittenen Windows-Treibern nicht. AMD-Mitarbeiter raten Linux-Anwendern mit diesen Radeon-GPUs daher zum Umstieg auf die Open-Source-Treiber "radeon" oder "radeonhd".

Diesen Plan bestätigten in den vergangenen Tagen verschiedene Quellen, nachdem anfangs die auf Linux und Hardware spezialisierten Webseite Phoronix die einzige Quelle für diese Informationen darstellte. Im Forum der Webseite finden sich viele Kommentare von aufgebrachten Linux-Anwendern; AMD-Mitarbeiter John Bridgman versucht die Wogen in dutzenden Kommentaren allerdings etwa zu glätten, verteidigt die Entscheidung jedoch und stellt die Vorteile der Open-Source-Treiber heraus.

Wie Phoronix weiter berichtet, wird die diesen Monat erwartete Version 9.3 der Treiber auch keine Unterstützung für den kürzlich veröffentlichten X-Server 1.6 mehr bringen. Den werden die im April respektive Mai erwarteten Linux-Distributionen Ubuntu 9.04 und Fedora 11 einsetzen, sodass die Catalyst-Treiber 9.3 auf diesen Distributionen (sowie deren bereits erhältlichen Vorabversionen) von Haus aus nicht arbeiten werden. Dies kann Anwender schnell in eine Zwickmühle bringen, wenn sie eigentlich auf die neuen Distributionen wechseln wollen – etwa, weil man für andere Hardwarekomponenten des Systems einen Treiber braucht, der nur neueren Kernel-Versionen beiliegt, die es für ältere Distributionen nicht als reguläres Update gibt. Einen neueren Kernel könnte man natürlich alternativ selbst für eine ältere Distribution übersetzen – das aber erfordert fortgeschrittene Linux-Kenntnisse und nicht unerheblich Zeit zur Einrichtung und Pflege. Zudem ist auch dieser Weg langfristig eine Sackgasse, denn auch mit zukünftigen Kernel-Versionen dürften die 9.3er-Treiber über kurz oder lang nicht zusammenarbeiten; die aktuellen Catalyst-Treiber 9.2 etwa lassen sich nicht mit den 2.6.29-rc-Kerneln übersetzen, die Fedora derzeit im zu Fedora 11 führenden Entwicklerzweig nutzt.

Linux-Anwender im Besitz der älteren, teilweise aber auch heute noch vom Handel verkauften Radeon-Grafikhardware bekommen so einen der immer wieder angeführten Nachteile von proprietären Linux-Treiber zu spüren: Die Abhängigkeit vom Willen des Herstellers, die Treiber an die sich im Linux-Umfeld stetig ändernden Treiber-Schnittellen anzupassen. Da AMD nach einer zwischenzeitlich sehr restriktiven Informationspolitik seit nunmehr eineinhalb Jahren verstärkt Informationen zur Ansteuerung von Radeon-GPUs freigibt und die Entwicklung von Open-Source-Treibern sogar aktiv fördert, halten sich die negativen Auswirkungen für das Gros der Anwender allerdings in Grenzen. Die 3D-Performance bei einigen der von den Catalyst-Treibern in Zukunft nicht mehr unterstützten Grafikkarten soll aber mit den aktuellen Catalyst-Treibern besser sein als mit den Open-Source-Treibern. Letztere unterstützen zudem die Stromsparfunktionen der GPUs vielfach nicht oder nur rudimentär; problematisch sind teilweise auch die TV-Ausgänge. Durch technische Probleme und eher schleppende Unterstützung neuerer Kernel- und X.org-Versionen waren allerdings auch die proprietären AMD-Treiber bei manchen Anwendern und Distributionsentwicklern nicht gerade beliebt.

Auch Nvidia entfernt gelegentlich Unterstützung für älteren Grafikkarten in den proprietären Linux-Treibern. Mit den in der der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres veröffentlichten Treibern der 177er-Serie etwa entfiel die Unterstützung für die GeForce-FX-Serie (5er-Serie). Nvidia pflegt die älteren Treiber der 173er-Serie aber für diese Karten als Legacy-Treiber weiter; ebenso die 71er- und 96er-Treiber-Versionen für noch ältere Karten. Einige dieser Treiber lassen sich auf modernen Distributionen mit aktuellen Versionen von Kernel und X.org aber auch nicht mehr einsetzen; teilweise lässt sich dies Problem mit den Beta-Versionen der Treiber umgehen, die Nvidia-Mitarbeiter in den Linux-Foren von Nvnews ankündigen.

Siehe zur Situation bei den AMD-Treibern auch:

Zu den Entwicklungen beim Linux-Kernel und den Treibern für Linux siehe:

(thl)