Amerikanische Internet-Provider rangeln sich um staatliche Gelder

Lobbyisten der amerikanischen Netzbetreiber unterstützen Barack Obamas für einen Ausbau der Breitband-Infrastruktur. Ihre Definition von Breitband hängt allerdings sehr von den jeweiligen Interessen ab

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Von
  • Gernot Goppelt

Lobbyisten der amerikanischen Netzbetreiber unterstützen laut einem Bericht des Wall Street Journal Barack Obamas Pläne für einen Ausbau der Breitband-Infrastruktur. Ihre Definition von Breitband hängt allerdings sehr von den jeweiligen Interessen ab, denn noch fehlt eine Definition, was genau unter Breitbandverbindung zu verstehen ist. "Es gibt keinen Streit über den Bedarf an mehr Breitbandverbindungen", sagt die kalifornische Kongressabgeordnete Anna Eshoo. "Die Frage ist, wie wir es machen und was wir genau meinen".

So wünschen sich die Anbieter von Kabelnetzen etwa eine Definition von 5 MBit/s. Beim Ausbau der Netze in bisher nicht versorgten Gebieten würden sie in den vollen Genuss von Steuervergünstigungen oder Zuschüssen kommen, so ihre Hoffnung. Sie zielen zudem auf unterversorgten Gebiete, wo es bisher nur einen Anbieter gibt, oder der Service nur eingeschränkt zur Verfügung steht. Dort würden sie ebenfalls finanzielle Zuschüsse erhalten, sofern sie Breitband-Zugänge der "nächsten Generation" mit Download-Geschwindigkeiten von 40 bis 50 MBit/s realisieren könnten. Das jedoch würde vor allem kleineren Telefongesellschaften schaden, die nur relativ langsame DSL-Zugänge anbieten können. Die Telefon- und Telekommunikationsallianz itta favorisiert daher eine Breitband-Definition von etwa 1,5 bis 3 MBit/s. Verbandschef Curt Stampp findet ohnehin, die staatliche Großzügigkeit sollte lieber dem grundlegenden Ausbau ländlicher Regionen zugute kommen, anstatt bestehende Netze aufzurüsten.

Drahtlose Angebote müssen laut Bericht wohl geringeren Ansprüchen an die Geschwindigkeit genügen. Doch wenn die zukünftige Definition zumindest 2 MBit/s fordert, würde etwa die Firma Clearwire profitieren, ein Start-up-Unternehmen, das ein WiMax-Netz aufbaut, das bis zu 4 MBit/s schnell sein soll. Andere Anbieter hätten bisher keine Pläne, vor frühestens 2010 ihre Wireless-Netze aufzurüsten.

Hardware-Herstellern wie Cisco oder Motorola käme es allemal gelegen, wenn massiv in die Netze investiert werden müsste. Carl Russo, Chef des Telekommunikationsausrüsters Calix, fordert vom Kongress eine Definition von 10 MBit/s für Breitband, damit die Netze von vornherein auf anspruchsvolle Anwendungen wie HD-Video ausgelegt sind. Die Vereinigung der Telekomunikationsindustrie TIA wiederum verlangt 25 Milliarden Dollar Zuschüsse für Internet Service Provider, damit diese die neuen Gerätschaften auch bezahlen können. Ein anderer Vorschlag besteht darin, derartige Gelder staatlichen und kommunalen Stellen zu geben, damit diese High-Speed-Netze aufbauen und sie dann konkurrierenden Service-Provider zur Verfügung stellen. Das allerdings wäre wohl nicht im Sinne von Telekommunkationsunternehmen wie Verizon Communications, die derartige Versuche bisher behindert hätten. Auch Steve Davis, Vizepräsident von Qwest Communications, meint, die Regierung solle in erster Linie die Industrie mit ihren Geldern bedenken. Er hätte nichts gegen den Aufbau von Breitband-Netzen, solange private Anbieter das erste Anrecht darauf hätten.

Auch Interessengruppen außerhalb der Industrie melden sich mittlerweile zu Wort. Die Organisation Free Press fordert eine Investition von 44 Milliarden Dollar in den nächsten drei Jahren, verfolgt dabei freilich vor allem das Ziel, den Zugang zu Informationen für die Bürger zu verbessern. Andere fordern, dass steuerliche Vergünstigungen für die Telekommunikationsindustrie an Bedingungen geknüpft werden. Sie wollen nicht nur den Internetzugang für alle Bürger, sondern eine Garantie, dass die Provider nicht in den Internetverkehr eingreifen, also die "Netzneutralität", mit der sich nicht nur amerikanische Unternehmen gelegentlich schwer tun. (ggo)