Blu-ray: Warner legt Finger in die Wunde

Auf der IFA-Pressekonferenz der Blu-ray Disc Association zog die Vertreterin des Hollywood-Studios Warner Home Entertainment eine eher ernüchternde Bilanz bezüglich der Entwicklung des Blu-ray-Markts.

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Von
  • Nico Jurran

Zunächst schien auf der IFA-Pressekonferenz der Blu-ray Disc Association (BDA) alles nach Plan zu verlaufen: So verkündete der BDA-Vorsitzende Frank Simonis gleich zu Beginn stolz, dass das von der Gruppe vertretene HD-Disc-Format auf dem Sprung in den Massenmarkt sei. Um diese Aussage zu untermauern, präsentierte er eine Vorhersage der GfK, wonach im Jahr 2008 mit Blu-ray-Filmen 52 und im Jahr 2009 sogar 125 Millionen Euro Umsatz erzielt würden – ein deutliche Steigerung gegenüber dem vergangenen Jahr, als man auf gerade einmal 14 Millionen Euro kam. Zudem, erklärte Simonis, könnten mittlerweile über 70 Prozent der Deutschen mit dem Begriff Blu-ray Disc etwas anfangen.

Unterstützt wurde Simonis sogleich von einem Vertreter von Sony Pictures Entertainment, der erwartungsgemäß (nach der Sony-Pressekonferenz zum zweiten Mal an diesem Tag) die BD-Live-Funktion bei der Scheibe "Starship Troopers 3: Marauder" vorführte, die es dem Anwender erlaubt, sich mittels eines Portraitfotos (mehr oder minder) in den Film hineinkopieren zu lassen (mittlerweile auf YouTube abrufbar). Da man dem Kunden die Vorzüge der Blu-ray Disc im Laden auf einem HD-Flachbild-Fernseher (natürlich von Sony) präsentiere, sei man zuversichtlich, dass sich die HD-Scheiben künftig immer besser verkaufen werden.

Doch dann störte Monica Juniel, ihres Zeichens Vizepräsidentin des Bereichs Internationales Marketing von Warner Home Video, empfindlich die Jubelstimmung: Zwar präsentierte sie noch kurz einen Trailer der Video-Highlights des Studios für dieses Jahr, überraschte dann aber mit der Aussage, dass Warner mit der Entwicklung des Blu-ray-Markts bislang nicht wirklich zufrieden sei. Einer ihrer Hauptkritikpunkte bezog sich auf die extreme Dominanz der Playstation 3 auf dem Markt der Blu-ray-Player. Zwar habe Warner damit an sich kein Problem – doch würden gerade PS3-Besitzer eine starke Zurückhaltung beim Kauf von Blu-ray-Filmen an den Tag legen. So hätten Besitzer von Stand-Alone-Playern bislang durchschnittlich 5,6 Titel gekauft, während PS3-Besitzer auf gerade einmal 2,5 Titel kämen. Warner will daher nun den Verkauf von Stand-Alone-Playern mit Bundles und Rabatt-Aktionen anheizen.

Danach folgte dann sogar ein direkter Angriff auf die Aussage von Frank Simmonis, wonach 70 Prozent der Leute die Blu-ray Disc kennen würden. Anders als von Simmonis impliziert, lasse dies keine Rückschlüsse auf die Kaufbereitsschaft zu, führte Juniel aus: Laut Erhebungen von Warner Home Video Research würden gerade einmal 17 Prozent der Deutschen beabsichtigen, sich einen Blu-ray-Player anzuschaffen. Dabei hätten 53 Prozent der Befragten geäußert, dass ihnen die Blu-ray-Player zu teuer seien; 57 Pozent erklärten, mit der Bildqualität von DVDs zufrieden zu sein. Einige anwesende Journalisten dürften sich an dieser Stelle noch einmal das GfK-Diagramm mit den Blu-ray-Software-Umsätzen ins Gedächnis gerufen haben. Dort waren eben nicht nur die 52 Millionen Euro zu sehen, die in diesem Jahr mit Blu-ray erwirtschaftet werden sollen, sondern auch, dass der Umsatz mit DVD-Titeln in diesem Jahr voraussichtlich noch satte 1,303 Milliarden Euro betragen wird.

In diesem Zusammenhang erteilte Juniel schließlich auch gleich dem Vorgehen von Sony Pictures eine Absage, wonach man Kunden die Bildqulität an einem HD-Fernseher präsentieren müsse. Laut der Warner-Vizepräsidentin geht es vielmehr darum, den Besuchern der Ladengeschäfte durch die Gegenüberstellung von DVD und Blu-ray Disc die Überlegenheit des Videobildes einer HD-Disc zu verdeutlichen.

Nach diesen ernüchternden Worten tat sich der Disney-Vertreter sichtlich schwer, die Internet-Anbindung von Blu-ray-Titeln und interaktive Spielereien noch überzeugend als die Killerapplikationen für die Blu-ray Disc zu verkaufen. Immerhin durften die anwesenden Journalisten zum Abschluss noch einen Blick auf die ausgezeichnet restaurierte Fassung von "Sleeping Beauty" (Dornröschen) werfen, die im Herbst auf Blu-ray Disc erscheinen wird.

Erklären lässt sich Warners Position eventuell damit, dass das Studio im Januar durch seinen Rückzug aus dem HD-DVD-Lager der Blu-ray-Konkurrentin den Todesstoß versetzt hatte, sich aber im Gegenzug ein anders geartetes Engagement der BDA-Mitglieder gewünscht hätte. Vor allem Forderungen nach Kampfpreisen bei Blu-ray-Playern hatte die BDA stets Absagen erteilt. (nij)