Datenschützer kritisieren ärztliche Meldepflicht von Piercings und Tattoos

Am 1. Juli tritt die Pflegereform in Kraft. Ein Unterpunkt dieses Reformpakets verpflichtet die Ärzte, Patienten mit bestimmten "selbstverschuldeten Krankheiten" der zuständigen Krankenkasse zu melden.

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Von
  • Detlef Borchers

Am morgigen 1. Juli tritt die Pflegereform in Kraft. Ein Unterpunkt dieses Reformpakets verpflichtet die Ärzte, Patienten mit bestimmten "selbstverschuldeten Krankheiten" der zuständigen Krankenkasse zu melden. Datenschützer kritisieren diese Regelung als Piercing-Petz-Paragraf und Aushöhlung der ärztlichen Schweigepflicht.

Mit der lange Zeit umstrittenen Pflegereform werden Ärzte dazu verpflichtet, Behandlungen von Patienten zu melden, die nach durchgeführten Piercings, Schönheitsoperationen oder Tätowierungen durch diese Eingriffe in den Körper krank geworden sind. Auf diese bereits im vergangenen Jahr kritisierte Regelung macht nun noch einmal die Deutsche Vereinigung für Datenschutz mit einer Mitteilung aufmerksam. In ihr verurteilt Sören Jungjohann, Jurist und Vorstandsmitglied der Datenschutzvereinigung, den "Petz-Paragrafen", der besonders Menschen mit geringem Einkommen belaste. "Die ärztliche Schweigepflicht ist seit mehr als 2000 Jahren eine der Grundlagen einer erfolgreichen medizinischen Behandlung." Ihre Abschaffung gefährde die Gesundheit der Menschen.

Den datenschutzrechtlichen Bedenken begegnet man im Bundesgesundheitsministerium mit Gelassenheit und dem Verweis auf eine jüngst veröffentlichte Studie der britischen Health Protection Agency. Nach dieser repräsentativen Studie unter 10.503 Befragten haben rund 10 Prozent (1049 Personen) der Briten ein Piercing oder eine Tätowierung. Ein Viertel dieser Personen klagte über Probleme nach den Eingriffen, wobei die Gruppe der 16 bis 24-Jährigen besonders hervorstach. 15 Prozent der jungen Leute benötigten ärztliche Hilfe, ein Prozent musste gar die Notaufnahme besuchen oder wurde vom Arzt in ein Krankenhaus eingewiesen. Komplikationen ergaben sich nach der von der Londoner Fachschule für Hygiene und Tropenmedizin durchgeführten Studie vor allem dann, wenn Piercings von Nicht-Spezialisten im Zungen- und Genitalbereich durchgeführt wurden. Jeder zweite "selbst durchgeführte" Versuch eines Genitalpiercing benötigte am Ende professionelle Hilfe durch einen Arzt oder Apotheker. Die Gesamtkosten dieser Unfälle für das britische Gesundheitswesen wurden in der Studie nicht ausgewiesen. (Detlef Borchers) / (jk)