ELROB 2008: Nur zwei kamen durch

Die erste Aufgabe bei der Roboter-Leistungsschau auf dem Gelände der Infanterieschule bei Hammelburg bestand heute aus einer Aufklärungsmission. Dabei konnte außer einem Flugroboter zunächst nur die digitale Version eines Wiesel-2-Panzers überzeugen.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Der unbemannte Panzer Wiesel 2 Digital untersucht das Zielgebiet. Links hinten ist eins der farbig markierten Fahrzeuge zu sehen, deren Position bestimmt werden muss.

Dass die ELROB (European Land-Robot Trial) 2008 nicht sehr zuschauerfreundlich werden würde, war von vornherein klar. Das unübersichtliche, hügelige Gelände der Infanterieschule bei Hammelburg erschwert nicht nur die Steuerung der Roboter, die je nach Aufgabenstellung mehrere Kilometer zurücklegen müssen. Es macht es für das Publikum auch nahezu unmöglich, die Aktionen mit eigenen Augen zu verfolgen. Ähnlich wie bei der Tour de France ist der beste Beobachtungsposten vor dem Fernsehschirm.

Die Veranstalter der ELROB haben daher vor der Zuschauertribüne eine große Leinwand aufgebaut, auf der Live-Bilder von den Robotern übertragen werden. Heute, am ersten Tag der Übungen (denn ein Wettbewerb ist die ELROB nicht, das wurde bei der gestrigen Eröffnung mehrmals betont), bestand deren Aufgabe darin, von einem unbekannten Punkt im Gelände zum Platz vor der Zuschauertribüne zu fahren. Dort standen mehrere Fahrzeuge, die mit farbigen Symbolen gekennzeichnet waren. Deren Positionen sollten die Roboter bestimmen und Fotos von ihnen machen.

Ravon von der Universität Kaiserslautern beim Schaulaufen am Eröffnungstag.

Die Teams konnten diese Aufklärungsmission wahlweise über eine Distanz von 500, 1000 oder 3000 Metern durchführen. In jedem Fall mussten die Roboter zunächst ihre Ausgangsposition bestimmen. Einschließlich der Vorbereitung waren 45 Minuten Zeit, die Mission durchzuführen. Dabei waren die Roboter häufig gezwungen, die befestigte Straße zu verlassen, weil sie gesperrt oder als "Minenfeld" deklariert war. Das sechsrädrige Fahrzeug "R-Trooper" des French Team etwa fuhr recht flott über eine mit hohen Gräsern bewachsene Wiese. Auf den Videobildern war gut zu sehen, wie die begleitenden Personen nur im Laufschritt folgen konnten. Kurz bevor der Roboter wieder die Straße erreichte, übersah der Operator aber offenbar einen Graben. Auf einmal kippte das 650 Kilogramm schwere Gefährt zur Seite, drei Räder hingen in der Luft. Das Team musste den so ermutigend begonnenen Versuch abbrechen.

Andere Teams hatten Probleme mit der Funkverbindung. Der Roboter "Telemax" der Firma Telerob etwa bewegte sich beim ersten Versuch nur wenige Meter vorwärts. Ein zweiter Versuch war beim Verfassen dieses Artikels noch in Gang. Auch das Team der Universität Siegen wollte seinen mit Benzin betriebenen Roboter "Amor" am späten Nachmittag noch einmal auf den Parcours schicken, nachdem er es beim ersten Versuch immerhin bis in Sichtweite der Zuschauertribüne geschafft hatte.

Erfolgreicher war das Team der Universität Hannover, das mit seinem neu entwickelten Fahrzeug "RTS-Hanna" am Morgen gleich als erstes startete. Allerdings nahm der auf einem Kawasaki Mule 3010 basierende Roboter vor dem Zielgelände eine falsche Abzweigung, verfehlte dadurch das Tor und fuhr auf der Suche nach dem Eingang am Maschendrahtzaun entlang. Es soll ihm durch den Zaun hindurch trotzdem gelungen sein, ein Fahrzeug zu fotografieren und seine Position zu bestimmen. Da die Teammitglieder später nicht mehr auffindbar waren, konnte dies bislang allerdings nicht bestätigt werden.

RTS-Hanna von der Universität Hannover demonstriert bei der Eröffnungszeremonie seine Fähigkeiten.

Ebenso wie der hannoversche Roboter verpasste auch "Ravon" von der Universität Kaiserslautern das richtige Tor. Fotografen hatten sich schon bereitgestellt, um den Zieleinlauf des Roboters festzuhalten, doch dann verschwand das vierrädrige Fahrzeug doch hinter einer Böschung und tauchte nicht mehr auf. Für das Team war das trotzdem ein voller Erfolg. "Wir sind sehr zufrieden", sagte Helge Schäfer vom Robotics Research Lab. "Unser Roboter ist komplett autonom gefahren und hat es trotz seiner geringen Geschwindigkeit fast bis zum Ziel geschafft. Es hat alles so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben. Mehr kann man kaum erwarten." Da hat sich offenbar ausgezahlt, dass das Team bereits am vergangenen Mittwoch angereist ist. "Hier kann man viel intensiver arbeiten", verdeutlicht Schäfer. "Gerade für die Integration der verschiedenen Elemente fehlt am heimischen Institut oft die Zeit."

Zwei Teams schafften es dann aber doch bis ins Ziel. Zunächst lenkte Burkhard Wiggerich seinen Flugroboter "AirRobot AR 100-B" sicher zum Aufklärungsgebiet, ließ ihn dort eine Weile schweben, um die Position der Fahrzeuge zu bestimmen, und steuerte ihn dann wieder zurück. Das mit vier Rotoren ausgestattete Fluggerät kann bis zu 30 Minuten in der Luft bleiben. Ein Problem können bei größeren Distanzen Störungen der Funkverbindung sein. Auf 500 Meter Entfernung ließ sich AirRobot aber reibungslos kontrollieren.

Als einziges Bodenfahrzeug erreichte "Wiesel 2 Digital" der Firma Rheinmetall Landsysteme das Zielgelände. Das Panzerfahrzeug bewältigte die Strecke sehr schnell und steuerte dann systematisch eins der gekennzeichneten Fahrzeuge nach dem anderen an.

Nun ist ein laut brummender, Staub aufwirbelnder Panzer aber nicht unbedingt das, was man sich unter einer militärischen Aufklärungsmission vorstellt. "Aber er hat die vorgegebene Aufgabe erfüllt", begegnet Elrob-Organisator Major Stefan Kern. "Die Signatur hat diesmal noch keine Rolle gespielt." Mit Signatur bezeichnen Militärfachleute alle Emissionen eines Geräts, seien sie akustischer oder elektromagnetischer Natur, durch die es entdeckt und identifiziert werden kann.

Die heutige Aufklärungsmission war dabei noch vergleichsweise leicht. Morgen soll sie noch einmal durchgeführt werden – bei Dunkelheit. Das ist dann vielleicht eine Gelegenheit für den "Wiesel 2 Digital", die Leuchtkraft seiner Scheinwerfer zu demonstrieren.

Zur diesjährigen Leistungsschau der Militärroboter siehe auch:

(Hans-Arthur Marsiske) / (pmz)