EU: Innere Sicherheit soll Bürgerrechte nicht einschränken
Es solle keine neuen Eingriffsbefugnisse für die Sicherheitsbehörden in Europa und stattdessen mehr Datenschutz beim Austausch von Informationen geben, betonen EU-Vertreter in einer Reaktion auf Kritik von Bürgerrechtlern am Stockholm-Programm.
Keine neuen Eingriffsbefugnisse für die Sicherheitsbehörden in Europa und stattdessen mehr Datenschutz beim Austausch von Informationen – das sei die Stoßrichtung des künftigen Programms der EU für innere Sicherheit, sagte Martin Valfridsson, Sprecher der schwedischen Justizministerin Beatrice Ask auf Anfrage von heise online. Schweden hat seit dem 1. Juli die EU-Präsidentschaft inne.
Kritik verschiedener Bürgerrechtsorganisationen vor einer Ausweitung von Überwachungsmaßnahmen durch das sogenannte "Stockholm-Programm" beruhten auf "Missverständnissen", meinte Valfridsson. Bürgerrechtler hätten das Stockholm-Programm mit den Berichten der "Future Group" einzelner Mitgliedsstaaten verwechselt, die weitergehende Vorstellungen entwickelt habe.
Das Stockholm-Programm, das bei einem informellen Treffen der Justiz- und Innenminister diskutiert wird, wolle gerade "die andere Seite", nämlich Datenschutz und die Sicht des Bürgers, stärken, versicherte Valfridsson. "Wir brauchen eine Politik des Informationsmanagements", erklärte er. Darin solle festlegt werden, welche Daten zwischen den Mitgliedsstaaten weitergegeben werden könnten, wie lange diese Daten gespeichert werden dürften und auch, ob Daten an Drittstaaten außerhalb der Union weitergegeben werden können. Die schwedische Präsidentschaft habe die Diskussion über ein spezielles Rechtsinstrument zu diesem "Informationsmanagement" gestartet und die Mitgliedsstaaten um erste Stellungnahmen gebeten. "Bislang gab es keinen großen Widerspruch dagegen", sagte Valfridsson.
Begrüßt hatte der europäische Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx die Zusagen, den Datenschutz bei der polizeilichen Zusammenarbeit und beim Austausch von Informationen zwischen den Mitgliedsstaaten aufzuwerten. Hustinx leitet aus dieser Zusage die Forderung ab, den im vergangenen Jahr nach langem Tauziehen vom Rat verabschiedeten Beschluss zum Datenschutz in der polizeilichen Zusammenarbeit noch deutlich zu verbessern. Der Ratsbeschluss sei eben gerade kein echter Rahmen für die sensiblen Fragen. Er wünsche sich vielmehr eine stärkere Anpassung zwischen den in der Datenschutzrichtlinie festgelegten Regeln für die private Wirtschaft und den Regeln für den Datenschutz durch die öffentliche Hand. Der oberste EU-Datenschützer hatte allerdings auch davor gewarnt, die bloße technische Möglichkeit bei der Zusammenführung von Datenbeständen in der Union als Anlass für den Aufbau zentraler Datenbanken zu werten. Dezentrale Datenhaltung und -sparsamkeit seien aus Datenschutzperspektive vorzuziehen.
Weniger beruhigt durch die Ausführungen der schwedischen Präsidentschaft zeigte sich im Büro des frisch ins Europaparlament eingezogenen "Piraten" dessen Mitarbeiter Henrik Alexandersson. Zwar versuche die schwedische Präsidentschaft sich jetzt vom Bericht der Future Group zu distanzieren, allerdings habe sie als Mitglied dort auch formuliert, dass deren Berichte Anstoß und Beitrag für das geplante Stockholm-Programm sein sollten. Alexandersson zeigte sich besonders besorgt über Vorschläge, Überwachungsmaßnahmen aus den Mitgliedsstaaten in einer zentralen Datenbank zu speichern.
Siehe dazu auch:
- Zentralisierung von EU-Fahndungsdatenbanken in der Kritik
- EU-Pläne für innere Sicherheit in der Kritik
- Kritik am "Stockholmer Programm"
- Schaar fordert Nachbesserungen bei EU-Regelung zum Datenschutz bei Polizei und Justiz
- EU-Rat verabschiedet laxe Regeln zum Datenschutz im Bereich innere Sicherheit
- EU-Innenpolitiker rüsten sich für den "digitalen Tsunami"
(Monika Ermert) / (jk)