Gericht: Denic muss Domain mit zwei Buchstaben zuteilen

Das Frankfurter Oberlandesgericht hat die Denic verpflichtet, der Volkswagen AG die Domain vw.de zuzuteilen. Das dürfte Begehrlichkeiten bei anderen Unternehmen mit ähnlich kurzen Marken wecken. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig.

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  • Dr. Marc Störing

In einem Urteil mit möglichen Konsequenzen für den deutschen Domain-Markt hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt die deutsche Registry Denic verpflichtet, dem Volkswagenkonzern die zweistellige Domain vw.de zuzuteilen. Eine Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) ließen die Richter nicht zu. Die Denic hat nach eigenen Angaben dagegen Beschwerde eingelegt.

Der Wolfsburger Automobilhersteller hatte gegen die in Frankfurt ansässige Denic auf Zuteilung der Domain geklagt. Nachdem das Landgericht (LG) Frankfurt die Klage zunächst als unbegründet abgewiesen hatte (LG Frankfurt, Az. 2-6 O 450/03), hielt das OLG die Weigerung der Denic für rechtswidrig und verpflichtete die Registrierungsstelle, der Klägerin die Domain vw.de zuzuteilen (OLG Frankfurt, Az. 11 U 32/04).

Die zentrale Registrierungsstelle für .de-Domains vergibt gemäß ihrer Richtlinien Domains, die aus nur zwei Buchstaben bestehen, grundsätzlich – mit bisher nur drei bekannten Ausnahmen – nicht und hatte Volkswagen die begehrte Adresse verweigert. Nach Auffassung der Richter diskriminiert die Denic damit den VW-Konzern. Zwar dürfe jeder Teilnehmer am Wirtschaftsleben sich seine Vertragspartner und die angebotenen Leistungen frei aussuchen. Diese sogenannte Privatautonomie stoße jedoch dann an ihre Grenzen, wenn ein Unternehmen "marktbeherrschend" im Sinne des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ist. Ein derart dominantes Unternehmen dürfe andere Marktteilnehmer nicht diskriminieren oder seine Marktmacht anderweitig missbrauchen.

Da die Denic nach Ansicht des Gerichts eine marktbeherrschende Stellung einnimmt, sei ihr Verhalten an den strengen Vorgaben der §§ 20 Abs. 1, 33 Abs. 1, Abs. 3 GWB zu messen. Eine Diskriminierung hatte zwar schon die Vorinstanz bejaht, das Verhalten der Denic dabei aber für gerechtfertigt gehalten. Das sieht das OLG anders. Zwar verwies die Denic auf technische Risiken für die allgemeine Betriebssicherheit des E-Mail-Verkehrs und des Internets, das Interesse des VW-Konzerns an der Domain sei jedoch im Hinblick auf dessen Bekanntheit höher zu bewerten.

Technischer Hintergrund sind die in RFC 1535 beschriebenen möglichen Nameserver-Probleme bei der Auflösung von Domain-Namen. Bei älteren Versionen des BSD BIND Resolver können Probleme mit allen Second-Level-Domains auftreten, die gleichlautend mit vorhandenen Top-Level-Domains sind ("de.de"). Da jedoch derzeit keine Top-Level-Domain .vw existiere und darüber hinaus nach Schätzung eines Sachverständigengutachtens nur noch weniger als 3,5 Prozent der untersuchten Nameserver die fehlerhafte, ältere BIND-Version einsetzten, bewertete das OLG Frankfurt die im Wesentlichen auf diese Überlegung gestützte Weigerung der Denic als unverhältnismäßig.

Gegenüber heise online kritisierte die Denic das Urteil und betonte, dass sich die Frankfurter Entscheidung ausschließlich auf das Verhältnis der Denic zum VW-Konzern beziehe. Die Registrierungsstelle habe bereits beim BGH eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt. Somit ist die Entscheidung des OLG Frankfurt derzeit nicht rechtskräftig.

Für Verbraucher gibt die Urteilsbegründung des OLG Frankfurt indes ohnehin keinen Anspruch auf eine aus nur zwei Buchstaben bestehende Domain her. Zwar haben die Richter der Denic ins Stammbuch geschrieben, es gäbe meist keinen angemessenen technischen Grund für eine Verweigerung von Domains aus zwei Buchstaben. Jedoch schützt der vom Gericht als entscheidende Vorschrift herangezogene § 20 GWB nur "Unternehmen in einem Geschäftsverkehr". (Dr. Marc Störing) / (vbr)