Gesetz zur Verschiebung der Digital-TV-Umstellung in den USA scheitert im Repräsentantenhaus

Die Befürworter einer Verschiebung, darunter auch US-Präsident Barack Obama, scheiterten am gestrigen Mittwoch an einer Zweidrittelmehrheit, die notwendig ist, um ein bereits im Jahr 2005 verabschiedetes Gesetz abzuändern.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 121 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Peter-Michael Ziegler

Nay, Aye, Nay – so kurz lassen sich die bisherigen Entscheidungen im US-Kongress zum Ansinnen der Demokraten und der Regierung in Washington zusammenfassen, den harten Umstieg von terrestrischem Analogfernsehen auf Digitaltechnik in den Vereinigten Staaten um rund vier Monate zu verschieben. Nachdem republikanische Senatoren die Abstimmung über eine entsprechende Gesetzesvorlage in der vergangenen Woche zunächst blockiert hatten, stimmte zwar der Senat am Montag einstimmig für eine Verlängerung der Umstellungsphase bis zum 12. Juni – im Repräsentantenhaus scheiterten die Befürworter einer Verschiebung am gestrigen Mittwoch aber an einer Zweidrittelmehrheit, die notwendig ist, um den bereits im Jahr 2005 verabschiedeten "Digital Transition and Public Safety Act" abzuändern.

In dem Gesetz war festgeschrieben worden, dass US-amerikanische TV-Sender ihre terrestrisch empfangbaren Programme ab dem 17. Februar 2009 nur noch in digitalisierter Form ausstrahlen dürfen. Die dem Handelsministerium der USA (Department of Commerce) zugeordnete "National Telecommunications and Information Administration" (NTIA) erhielt den Auftrag, bedürftigen Bürgern den Umstieg durch Ausgabe sogenannter "Converter Box Coupons" zu erleichtern. Gegen diese 40-Dollar-Coupons, von denen jeder Haushalt maximal zwei Stück beantragen kann, geben zertifizierte Händler standardisierte Digital-Analog-Wandler aus, mit denen sich terrestrisches Digitalfernsehen auch auf herkömmlichen Analog-Geräten darstellen lässt.

Insgesamt wurden für das "TV Converter Box Coupon Program" 1,34 Milliarden US-Dollar bereitgestellt – weil das Budget aber bereits ausgeschöpft ist, muss die NTIA derzeit abwarten, wie viele der Coupons, die nach der Ausgabe lediglich 90 Tage gültig sind, tatsächlich eingelöst werden. Dies hat dazu geführt, dass von den über 40 Millionen Coupon-Anträgen bislang nicht einmal die Hälfte abgearbeitet ist. Wer jetzt einen Coupon beantragt, landet auf einer Warteliste und wird erst bedient, wenn bereits ausgegebene, aber nicht eingelöste Coupons verfallen. Es wird erwartet, dass die Warteliste bis Anfang Februar mehr als 5 Millionen Antragsteller umfasst.

Demokraten und damit auch der neue US-Präsident Barack Obama befürchten nun, dass Millionen Bürger von der Informationswelt – etwa lokale Nachrichten über anstehende extreme Wetterbedingungen oder Gefahrenlagen und Warnmeldungen im Rahmen des nationalen Emergency Alert System und AMBER – abgeschnitten werden könnten, sollte der Umstieg wie ursprünglich geplant bereits am 17. Februar vollzogen werden. Viele Republikaner bestehen unterdessen auf dem schon lange bekannten Termin und begründen dies unter anderem damit, dass mehrmonatige Verzögerungen ebenfalls negative Folgen hätten, da die frei werdenden Frequenzen des Analogfernsehens teilweise für sicherheitskritische Anwendungen vorgesehen seien.

Zudem habe sich die US-amerikanische Fernseh- und IT-Branche mit Milliardeninvestitionen auf die Umstellung vorbereitet, eine von oben verordnete Verzögerung sei wenig wirtschaftsfördernd – und nicht zuletzt hätten viele Bürger selbst Schuld an der Misere, weil sie erst jetzt Coupons beantragen würden, obwohl das "TV Converter Box Coupon Program" schon seit einem Jahr laufe. "Nach meiner Auffassung könnten wir jetzt nichts Schlimmeres machen, als den Umstiegstermin zu verschieben", sagt etwa Joe Barton, republikanischer Vorsitzender des "Energy and Commerce Committee" im Repräsentantenhaus – und fügt hinzu, dass das Problem offenbar vor allem "in den Köpfen der Obama-Administration" und nicht in der Realität existiert.

Endgültig vom Tisch ist die Terminverschiebung trotz der jüngsten Abstimmungsniederlage damit aber noch nicht: In der kommenden Woche könnte der Antrag der Demokraten nach einer Überarbeitung noch einmal im Repräsentantenhaus behandelt werden. Anschließend würde die Sache erneut zum Senat gehen, der einer Verlegung des Termins auf den 12. Juni ja schon zugestimmt hat. Nachdem ein Senatsgremium am Dienstag das OK für eine finanzielle Aufstockung des "TV Converter Box Coupon Program" um 650 Millionen Dollar gegeben hat, könnten die Demokraten aber auch auf eine erneute direkte Konfrontation verzichten und versuchen, das Mismanagement der NTIA nach dem bekannten Motto "Yes we can" zu beenden und zügig neue Coupons zum Bezug der Converter-Technik ausgeben. (pmz)