Hightech vor Gericht
Zum ersten Mal ist eine 3D-Rekonstruktion vom Tatgeschehen vor Gericht zugelassen worden. Das Gericht bewertete das technische Hinweismittel allerdings sehr skeptisch.
Zum ersten Mal ist eine 3D-Rekonstruktion vom Tatgeschehen vor Gericht zugelassen worden, berichtet die SĂĽddeutsche Zeitung. Das Gericht bewertete das technische Hinweismittel allerdings sehr skeptisch.
Im Prozess um den Mord an einer Münchener Parkgaragen-Besitzerin wurde ein Verfahren eingesetzt, das vom Schweizer Institut für digitale Tatortrekonstruktion entwickelt wurde. Bei der "Digital Crime Scene Reconstruktion" (DCSR) tastet ein Laserscanner den gesamten Tatort ab und generiert aus den Daten ein 3D-Modell. In dieses Modell werden anschließend alle Tatortspuren eingearbeitet. Dieses Verfahren wurde vom Münchener Strafgericht als Beweismittel zunächst abgelehnt, weil der angehörte DCSR-Spezialist zugeben musste, mit DCSR nur Hinweise und keine Beweise liefern zu können. Die Familie des Angeklagten Benedikt T. bezahlte daraufhin das 6000 Euro teure DCSR-Modell aus eigener Tasche und führte das Modell als "Privatgutachten" in den Prozess ein.
In dem Prozess selbst geht es um einen Mordfall. Am 16. Mai 2006 wurde die Parkhaus-Millionärin Charlotte Böhringer in ihrer Wohnung über einer Parkgarage getötet. Der Täter soll dabei mehr als 20 Schläge ausgeführt haben. Die getrockneten Blutspritzer an den Wänden bilden als Cast-Off-Spuren die entscheidenden entlastenden Details der nunmehr vorgelegten DCSR, die vor allem die Ausholbewegung des Täters rekonstruierte: Nach Auffassung der DCSR-Spezialisten wurde die Tat von einem Rechtshänder begangen. Der Angeklagte Benedikt T., ein Neffe der Ermordeten, ist jedoch ein Linkshänder. Nach der Präsentation der DCSR-Befunde ließ der Vorsitzende Richter jedoch in der Befragung der 3D-Spezialisten Presseberichten zufolge eine große Portion Skepsis anklingen, was die Tröpfchenrekonstruktion anbelangt. Ob mit dem Fall Böhringer der Durchbruch für gerichtstaugliche DCSR-Analysen gelang, ist offen: Das Strafgericht muss nun über den Antrag der Verteidigung entscheiden, den Angeklagten wegen erwiesener Unschuld aus der über zweijährigen Untersuchungshaft zu entlassen. (Detlef Borchers) / (jk)