ICANN: Streit um geografische Top-Level-Domains

Der Regierungsbeirat der privaten Netzverwaltung fordert, die Einführung neuer geografischer Top-Level-Domains auf Eis zu legen, drängt aber bei nicht-englischen Domains auf eine schelle Zulassung.

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Von
  • Monika Ermert

Viel Streit um die Regeln zur Einführung neuer Top-Level-Domains gibt es auf dem dem morgen zu Ende gehenden 33. Treffen der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) in Kairo. Geht es nach dem Willen verschiedener Regierungen, dann muss die private Netzverwaltung mit der Einführung von Länder- oder Regionalnamen als Top-Level-Domains (TLDs) warten. Zunächst sollten die Verfahren zur Einführung neuer Länderdomains (ccTLDs im Stil von .de) in nicht-englischen Zeichen verabschiedet werden. Das geht aus einem Bericht (PDF-Datei) hervor, den der lettische Diplomat Janis Karklins, Vorsitzender des ICANN-Regierungsbeirates (GAC), beim Treffen der Netzverwaltung in Kairo ablieferte.

Die Regierungen drängten in Kairo erneut auf die rasche Umsetzung eines Verfahrens zur "Schnellzulassung" ("fast track") für nicht-englische ccTLDs. Dabei sollen etwa asiatische oder arabische Länder zum Zuge kommen, in denen die Nachfrage nach solchen Domains besonders groß ist. Zudem sollen bevorzugt die ccTLDs zugelassen werden, die die technischen Vorbereitungen für eine nicht-englische Länderdomain (IDN ccTLD) praktisch abgeschlossen haben. Mit den Schnellzulassungen will ICANN nicht zuletzt Bestrebungen um alternative Rootlösungen in Ländern wie China begegnen.

Die Verabschiedung eines umfänglichen Standardverfahrens für IDN ccTLDs könnte noch Jahre in Anspruch nehmen. Die heutige Aufforderung des Regierungsbeirates, Länder- und Regionsnamen in allen Sprachen vorerst auf Eis zu legen, bezieht sich laut den Äußerungen von Karklins wohl auf das Standardverfahren. Damit wäre die Einführung eines Teils der heiß umstrittenen "geographischen TLDs" beträchtlich eingeschränkt. Nicht betroffen sind laut den Vertretern von dotBerlin die zahlreichen geplanten City-TLDs von .berlin und .hamburg bis zu entsprechenden Projekten in New York, Barcelona oder Portland, die in Kairo eine eigene Interessenvertretung gegründet haben.

Weitere Privilegien, die die Regierungen für die neuen ccTLDs gerne hätten, sind der Verzicht auf Verträge wie sie die Betreiber generischer Domains mit ICANN zu unterzeichnen haben, und eine besondere Regelung hinsichtlich der Gebühren. Alles, was die rasche Einführung der neuen Länderdomains verzögern könnte, sei mit Bedacht zu überprüfen.

Gegen den privilegierten Zugang für Länderadress-Registries regt sich aber auch Widerstand. Warum sollten nationale Betreiber nicht die gleichen Gebühren bezahlen wie andere Betreiber neuer TLDs, fragte der US-Wissenschaftler Milton Mueller. Verschiedentlich haben sich die potenziellen Konkurrenten im IDN-TLD Markt dagegen verwahrt, nationalen Betreibern den Vortritt zu lassen. Die einzige Begründung, die dafür angeführt werde, sei eine Art "magischer Beschwörung der 'hoheitlichen Rechte'", sagte Mueller.

Zum 33. ICANN-Treffen siehe auch:

(Monika Ermert) / (vbr)