Koalition streitet weiter ĂĽber Informantenschutz

Grundsätzlich herrscht Einigkeit darüber, dass "Whistleblower", die Missstände in Unternehmen publik machen, besser geschützt werden sollen. Über das "wie" wird noch gestritten, eine geplante Gesetzesänderung wird es so bald wohl nicht geben.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

In Deutschland riskieren Arbeitnehmer, die auf interne Missstände hinweisen, noch immer ihren Arbeitsplatz. Eine Neufassung des § 612a BGB sollte den Informantenschutz für alle Arbeitsverhältnisse regeln. Die Koalition konnte sich jedoch nach einer kontroversen Anhörung nicht einigen. Mit einem Regierungsentwurf in der laufenden Wahlperiode kann daher nicht mehr gerechnet werden.

Dabei hatten alle Fraktionen die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung anerkannt. "Nicht zuletzt Personalverantwortliche und Datenschutzbeauftragte in den Unternehmen wĂĽnschen sich eindeutige gesetzliche Vorgaben fĂĽr den Umgang mit Whistleblowern," schreibt der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags in einer Information zum Thema Whistleblower (PDF-Datei). Der Begriff stammt aus dem Amerikanischen und ist anders als das deutsche "Verpfeifen" positiv besetzt, da es eher mit "Alarm schlagen" assoziiert wird.

Die SPD-Abgeordnete Marlies Volkmer bezeichnete es gegenüber heise online als "sehr bedauerlich, dass es unser Koalitionspartner abgelehnt hat, diejenigen Mitarbeiter vor Sanktionen zu schützen, die rechtswidrige Praktiken im Unternehmen bei der zuständigen Behörde anzeigen". Volkmer weist darauf hin, dass Informantenschutz "heute dringender denn je gebraucht" werde.

Die Datenschutzskandale bei Telekom und Bahn sowie Fehlberatungen der Banken hätten nach Volkmers Ansicht nie solche Ausmaße angenommen, wenn Mitarbeiter "die externen Datenschutzbeauftragten und die Finanzdienstleistungsaufsicht ohne Angst vor Sanktionen über die Rechtsverletzungen hätten informieren können." Noch ist allerdings offen, ob der Informantenschutz ins SPD-Wahlprogramm kommt, das erst Mitte Juni verabschiedet wird. Die SPD-Verbraucherpolitiker wollen dieses Ziel auch in der nächsten Legislaturperiode aber "auf jeden Fall" weiterverfolgen, sagte Volkmer.

Der ehemalige Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) hatte einen gesetzlichen Informantenschutz unterstützt. Nach seinem Weggang war abzusehen, dass sich der Verbraucherflügel nicht gegen die Arbeitgebervertreter in der Union durchsetzen werden könne, zumal Seehofers Nachfolgerin Ilse Aigner kein Interesse mehr an dem Thema gezeigt hatte. Das von der Bundesregierung verabschiedete Maßnahmenpaket zur Modernisierung der Lebensmittelüberwachung enthält nun die ursprünglich geplante BGB-Änderung für einen besseren Informantenschutz nicht mehr.

Während sich die Koalition nicht auf einen Informantenschutz im Bereich von Unternehmen einigen konnte, gelang ihr dies im Bereich der Nachrichtendienste. Die Bundestagsabgeordneten Norbert Röttgen (CDU) und Thomas Oppermann (SPD) legten vor wenigen Tagen einen Koalitionsentwurf "zur Neuregelung der Arbeit des Parlamentarischen Kontrollgremiums" (PKGr) vor, der eine Whistleblower-Regelung für die Information der Parlamentarischen Kontrollkommission enthält. So sollen sich Geheimdienstmitarbeiter "jederzeit direkt – ohne den Umweg über die Behördenspitze – an das Gremium wenden können". (Christiane Schulzki-Haddouti) / (vbr)