MySpace-Cyberterror hat keine strafrechtlichen Konsequenzen

Eine US-Amerikanerin, die unter falschen Angaben einen MySpace-Account eingerichtet und darüber eine 13-Jährige psychisch so drangsaliert hatte, dass diese später Selbstmord verübte, kann nicht nach dem Computer Fraud and Abuse Act verurteilt werden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 129 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die Geschichte ist traurig: Ein 13-jähriges Mädchen aus dem US-Bundesstaat Missouri wird im Jahr 2006 von einem angeblichen MySpace-Freund psychisch so drangsaliert, dass sie später Selbstmord verübt. Treibende Kraft hinter der perfiden Aktion war die Mutter einer Ex-Freundin des Mädchens. Sie richtete unter dem Namen "Josh Evans" einen MySpace-Account ein, hinter dem ein 16-jähriger Junge stehen sollte, der als Verehrer des Mädchens auftrat und mit ihr flirtete. Später begann "Josh" mit Selbstbewusstseins- und Trennungsängsten zu spielen und brach den Kontakt schließlich mit dem Satz "Ohne dich wäre die Welt besser dran" ab. Im Oktober 2006 nahm sich die 13-Jährige das Leben.

Nachdem eine Anklage in Missouri wegen dort fehlender Rechtsgrundlagen nicht möglich war, leiteten die Bundespolizei FBI und die Staatsanwaltschaft von Los Angeles eigene Untersuchungen ein, die im Mai 2008 zur Anklage der damals 49-Jährigen wegen Verschwörung und widerrechtlichen Zugriffs auf geschützte Computersysteme führten. Im November 2008 wurde die Frau von einer Jury für schuldig befunden, drei minderschwere, aber dennoch strafrechtlich relevante Verstöße gegen den Computer Fraud and Abuse Act (CFAA) begangen zu haben.

Im Juni dieses Jahres deutete der zuständige Richter jedoch an, dass dieser Schuldspruch wohl nicht aufrecht zu erhalten sei. Inzwischen liegt die schriftliche Begründung dafür vor: Richter George Wu argumentiert, dass das Anlegen eines Accounts unter falschem Namen zwar einen Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen (Terms of Service, TOS) von MySpace darstelle, dass daraus allein aber nicht zwingend auch eine kriminelle Handlung nach dem Computer Fraud and Abuse Act abgeleitet werden könne.

Wu kritisiert, dass in den fraglichen MySpace-Nutzungsbedingungen des Jahres 2006 eine ganze Reihe nicht zulässiger Aktivitäten aufgeführt gewesen sei, dass aber weder Strafverfolger noch Nutzer hätten erkennen können, welche dieser unzulässigen Aktivitäten auch zu einer strafrechtlichen Verfolgung führen. Würde in jeder Verletzung von Nutzungsbedingungen generell ein widerrechtlicher Zugriff auf ein geschütztes Computersystem gesehen, der nach dem Computer Fraud and Abuse Act verfolgt werden müsse, arte das Gesetz aus, so der Richter. Unzählige Internetnutzer würden dann zu Kriminellen gestempelt. (pmz)