Neuronen lenken Maschine

In einem Projekt von Wissenschaftlern der britischen University of Reading sollen Ratten-Nervenzellen in Nährlösung lernen und so Roboter besser steuern.

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Von
  • Veronika Szentpetery

Wissenschaftler von der britischen University of Reading haben es geschafft, einen kleinen radgetriebenen Roboter über eine Petrischale voller Nervenzellenzu zu steuern. Die Zellen stammten aus einem Rattenhirn; die Forscher hatten die Verbindungen zwischen den Zellen mit Enzymen gelöst und sie in einer Nährlösung deponiert, wo sie erste neue Kontakte ausbilden konnten. Über ein Gitter mit 60 Elektroden wurden die Zellen mit der Steuerung des Roboters verbunden, schreibt das Technologiemagazin Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe 10/08 (seit dem 18. 9. am Kiosk oder portokostenfrei online zu bestellen). Die Forscher um Mark Hammond und Kevin Warwick reizten dann verschiedene Bereiche der Zellkultur so lange mit elektrischer Spannung, bis sie Zellen fanden, die eine konzertierte Antwort gaben.

Jetzt wurde der Roboter so programmiert, dass er den gleichen Impuls abgab, wenn er über Ultraschallsensoren registrierte, dass er frontal auf eine Wand zufährt. Die bekannte Antwort der Zellen wurde dann als Steuersignal für rechtzeitiges Abbiegen verwendet. "Wenn der Roboter wieder in die gleiche Situation kommt, feuern dieselben Neuronen und verstärken so ihre Verbindungen und damit Erinnerungen", erklärt Warwick. Der Forscher erhofft sich aus weiteren Experimenten Erkenntnisse darüber, wie ein Gehirn lernt und Erinnerungen bildet und wie diese Funktionen bei neurologischen Krankheiten wie Alzheimer gestört werden.

Warwicks Kollege Slawomir Nasuto will dem Neuro-Roboter sogar komplexere Verhaltensweisen beibringen, zum Beispiel die Fähigkeit, sich selbstständig immer entlang einer Wand zu bewegen und sich zu merken, wo er langgefahren ist. "Dann könnten wir ihn durch ein Labyrinth schicken", sagt der Forscher. Er plant zudem, den Roboter zum Beispiel über zusätzliche Infrarotsensoren mit weiteren Informationen zu versorgen, die das Gerät dann kombinieren und gewichten soll. "Daraus könnten komplexere Roboter mit halbautonomem Verhalten oder Hybridsysteme hervorgehen. Sie hätten ein biologisches Gehirn und könnten in Situationen eingesetzt werden, in denen keine Fernsteuerung möglich ist", hofft Nasuto. (Veronika Szentpetery) / (bsc)