Pädagogin plädiert für Technik-Training im Kindergarten

Im Interview mit Technology Recview erklärt die Pädagogik-Professorin Hilde Köster, wie sich schon Kleinkinder für wissenschaftliches Arbeiten begeistern lassen.

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Deutschland fehlen Technikfachkräfte. Eine neue, fünfteilige Serie in Technology Review stellt beispielhafte Initiativen vor, die zeigen, wie sich dieser Mangel beheben lässt. Im Interview mit TR erklärt die Pädagogik-Professorin Hilde Köster, wie sich schon Kleinkinder für wissenschaftliches Arbeiten begeistern lassen.

"Wir haben Wissenschaftler gefragt, wann ihr Interesse für die Wissenschaft geweckt worden ist", sagt Köster. "Bei rund 80 Prozent war das in der Kindheit – etwa dadurch, dass sie sich über natürliche Phänomene gewundert haben, sie einen Experimentierkasten geschenkt bekommen oder die Eltern sie angeregt haben. Wenn die Kindheit vorbei ist, ist es viel schwerer, noch Interesse an naturwissenschaftlichen Fächern zu wecken." Doch Erzieher und Erzieherinnen hätten oft selbst ein eher distanziertes Verhältnis zu diesen Bildungsbereichen, sagt Köster im Interview mit Technology Review (Heft 10/09 ist am dem 24.9. am Kiosk oder ab sofort portokostenfrei online zu bestellen).

Köster hat deshalb als erste Hochschullehrerin in Deutschland technisch-naturwissenschaftliche Themen in die Erzieher-Ausbildung integriert. Ihr Konzept fußt auf dem sogenannten „forschenden und entdeckenden Lernen“: Kinder sollen herausfinden, wie man Antworten auf selbst gestellte Fragen bekommt. Angehende Erzieher versetzt Köster dazu zunächst einmal in die Rolle der Kinder. In ihren Seminaren müssen sie etwa mithilfe von Alufolie, Knetgummi und einem wassergefüllten Aquarium herausfinden, warum bestimmte Gegenstände schwimmen, während andere untergehen. „Danach haben die Teilnehmer das Gefühl: Egal um welches Thema es sich handelt, wir können es selbst erforschen“, sagt Köster.

Kleine Kinder müsse man gar nicht an Naturwissenschaften heranführen, argumentiert die Pädagogin. "Sie bringen eine forscherische Haltung und sogar eine Art physikalisches Grundwissen mit auf die Welt. Geben Sie mal einem Kleinkind einen Löffel in die Hand: Es schlägt damit dann auf den Tisch und auf ein Buch und stellt irgendwann fest, dass unterschiedliche Dinge unterschiedlich klingen. Schon bei sehr kleinen Kindern können Sie feststellen, dass sie das ganz systematisch ausprobieren." Insbesondere für Lehrer sei dieses eher ungeregelte Vorgehen aber oftmals sehr ungewohnt. "Wenn Kinder frei experimentieren können, lassen sie zunächst einmal Regeln außer Acht, die in der Schule eine große Rolle spielen", sagt Köster. "Etwa dass man Sachen, die man anfängt, zu Ende bringen muss. Wenn etwas nicht klappt, legen sie es beiseite. Dann wird was Neues probiert." Mit dieser "Chaosphase" könnten Erzieher in der Regel "ganz schwer umgehen". "Aber wenn man richtig hinhorcht, merkt man, dass die Kinder sich immerzu über die laufenden Experimente unterhalten. Und wenn man genau hinschaut, sieht man auch, dass sie anfangen, sich intensiver mit bestimmten Phänomenen zu beschäftigen. Dabei entwickeln sie von sich aus schon so etwas wie wissenschaftliche Methoden – also etwa, dass man bei Experimenten immer nur eine Variable verändern darf." (wst)