Regional-TV per Mausklick: Medienhäuser rüsten sich für neuen Trend
Mit TV-Regionalsendungen im Internet reagieren die Medienhäuser in Niedersachsen auf eine Angebotslücke, denn kommerzielles regionales Fernsehen verbietet derzeit das Landesmediengesetz.
Das Aufnahmestudio ist winzig, und die zwei Scheinwerfer heizen den etwa zehn Quadratmeter großen Raum kräftig auf. Bevor es losgeht mit der Aufzeichnung der Nachrichtensendung "Emsland eins", muss Präsentatorin Tanja Braun aber erst einmal die Hunde "Lotto" und "Timmi" aus dem kleinen Studio scheuchen. Erst wenn die Türen zu sind, kann sie sich vor die Kamera stellen und die Nachrichten aus dem Emsland vorlesen. So ist das, wenn ein alter Bauernhof zum Medienzentrum wird.
Seit Januar produziert ein kleines Team um den Meppener Medienunternehmer Alex Backers die Lokalnachrichten. Verbreitet wird die Sendung im Internet. Bereits in den ersten Wochen habe sich eine Stammsehergemeinde gebildet, sagt Backers. Im Schnitt werde die Sendung mehr als 2000-mal am Tag abgerufen. In den Orten habe sich das neue Medium schnell herumgesprochen. "Es gibt doch ein großes Bedürfnis der Bevölkerung hier nach Bewegtbildern aus der Region", haben Backers und seine Mitstreiter festgestellt.
"Bewegtbilder aus der Region" bieten seit einigen Monaten unter anderem auch die "Nordwest-Zeitung" (NWZ) aus Oldenburg und die "Ostfriesischen Nachrichten" (ON) aus Aurich auf ihren jeweiligen Internetseiten. Damit reagieren die Medienhäuser in Niedersachsen auf eine Angebotslücke, denn kommerzielles regionales Fernsehen verbietet derzeit das Landesmediengesetz. Abrufbare Internet-Angebote gelten rechtlich aber nicht als Fernsehen, sagt der stellvertretende Direktor der Landesmedienanstalt Niedersachsen, Andreas Fischer. Möglicherweise aber stehe die Medienlandschaft in Niedersachsen vor einer Veränderung: "Es gibt in der Koalitionsvereinbarung einen Satz, dass geprüft werden soll, ob regionaler Rundfunk zugelassen werden soll", sagt Fischer.
Die Resonanz auf die werktägliche Internet-Sendung sei sehr gut, sagt Eske Meyer, die den "NWZ-TV"-Auftritt leitet und präsentiert. "Wir legen den Focus auf regionale Themen, die sonst nicht im Fernsehen gesehen werden", erläutert die erfahrene Fernsehjournalistin, die ihr Handwerk bei Radio Bremen erlernte. Der Verlag betrachte die Internet-Sendung als eine Aufwertung des Online- Angebots der Zeitung. "Außerdem: Falls es in der Zukunft möglich sein sollte, regionales Fernsehen zu machen, dann sind wir schon so weit."
Auch ON-Chefredakteur und Geschäftsführer Stefan Dunkmann sieht sein Haus dank des Internet-Fernsehens gut gerüstet für die Zukunft. Kostendeckend sei das Zusatzangebot zwar noch nicht, aber er glaube, dass mit dem neuen Medium auch ein Markt wachse. "Und wenn es sein muss, können wir das ganz schnell zum Regional-Fernsehen aufbohren", sagt Dunkmann.
Für den Fall, dass Regional-Fernsehen erlaubt wird, steht auch Karl-Heinz Sünkenberg vom "Friesischen Rundfunk" mit Sitz in Sande bei Wilhelmshaven in den Startlöchern. Seit 2005 speist er aktuelle Bewegtbilder in die Kabelnetze Nordwestdeutschlands ein, die wegen der Rechtslage allerdings nicht mit einem erläuternden Kommentar vertont sind, sondern mit Musik unterlegt. Die Sachinfos zu den Bildern werden per Laufband eingeblendet. "Unser Motto ist: Lokaler geht's nicht", sagt Sünkenberg. "Wenn Bauer Harms mit seinem Trecker steckenbleibt, ist der abends bei uns im Fernsehen." Neben Sünkenbergs "Friesischem Rundfunk" bietet laut Landesmedienanstalt noch "regiotv" aus Lohne (Kreis Vechta) diesen so genannten Mediendienst in Niedersachsen.
Die niedersächsischen Zeitungsverleger haben noch keine einheitliche Meinung, wie sie zu einer Änderung des Landesmediengesetzes stehen. "Wir sind skeptisch", sagt Stefan Bormann, Geschäftsführer des Verbandes Nordwestdeutscher Zeitungsverlage. Zwar seien viele Verlage an den Möglichkeiten regionaler TV-Angebote interessiert. "Es ist aber doch die Frage, ob der Markt in Niedersachsen neben den kommerziellen Fernsehketten und einer vielfältigen Tageszeitungslandschaft ein solches Angebot verträgt", betont Bormann. Wahrscheinlich bis zum Herbst wolle sich der Verband auf eine gemeinsame Linie verständigen. (Elmar Stephan, dpa) / (jk)