RoboCup German Open: Die Finalspiele starten

Beim Wettbewerb der besten Robotertüftler treffen auf dem Messegelände in Hannover nicht nur Ballkünstler aufeinander – auch Helferlein für die eigenen vier Wände und Rescue-Roboter müssen ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen.

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Von
  • Angela Meyer

RoboCup German Open: Die Finalspiele starten (10 Bilder)

Der Auftakt

Das Spiel der Schülerteams Magdebots gegen TNT eröffnete offiziell die RoboCup German Open.

Am heutigen Donnerstag beginnen bei den RoboCup German Open auf der Hannover Messe die Finalspiele mit den Viertel- und Halbfinalspielen, morgennachmittag stehen dann die diesjährigen Gewinner fest. Mit dem Einzug des RoboCup in die Halle 25 herrscht dort eine etwas andere Atmosphäre, als in den Messehallen sonst üblich ist. In kooperativer Konkurrenz haben dort die RoboCup-Teams in den ersten Messetagen ihre Roboter trainiert und optimiert, damit sie mit den Licht- und Bodenverhältnissen der Halle zurechtkommen. In den Vorrunden wurde ausgelotet, mit welchen neu entwickelten Fähigkeiten bei anderen Teams sich ihre Roboter messen müssen.

Dass es beim RoboCup zwar auch, aber nicht nur darum geht, im Sommer in China den nächsten Weltmeistertitel zu holen, hatte Thomas Christaller, Institutsleiter des Fraunhofer Instituts Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS zum offiziellen Auftakt des Roboterwettbewerbs noch einmal deutlich gemacht. "Ich finde das gut, dass beim RoboCup nicht mehr das Schachspiel als reines Sitzen und Denken als Maßstab für die menschliche Intelligenz genommen wird, sondern das Fußballspiel, bei dem der Körper genauso dazugehört wie der Geist", sagte Christaller. Dafür brauche es zum einen Visionäre, die den Mut haben, das anzustoßen, zum anderen viel Geld sowohl für die Forschung und Entwicklung insgesamt, aber auch für solche Wettbewerbe wie den RoboCup, der komplett von Sponsoren finanziert wird.

Ob die Entwicklung bis zum Jahr 2050 tatsächlich so weit führen wird, dass Roboter die menschlichen Fußballweltmeister schlagen können, ist offen. Aber Christaller erinnerte daran, dass auch zwischen den ersten Flugversuchen der Gebrüder Wright, die noch ähnlich unbeholfen waren wie die ersten Schritte der Humanoiden, und den ersten bemannten Weltraumflügen nur ein gutes halbes Jahrhundert lag. Aber um tatsächlich in zwei Generationen all die Schwierigkeiten zu lösen, die die Vision von fußballspielenden humanoiden Robotern mit sich bringt und aus den dabei gewonnenen Erkenntnissen hilfreiche Technik für den Alltag zu entwickeln, brauche man junge Leute, die diese Aufgabe angehen.

Schaut man sich während der Vorrunden in Halle 25 um, scheint es zumindest am Interesse von Schülern, Studenten und jungen Wissenschaftlern nicht zu mangeln. Allein in den drei Juniorligen sind 116 Teams angereist, in der Hoffnung, sich nach ihren Erfolgen bei der Vorauswahl nun auch noch für die Weltmeisterschaft zu qualifizieren. Beim Geld könnte der Zustrom dagegen aus Sicht der Teilnehmer wohl ruhig noch intensiver sein. Zwar lobten die Veranstalter bei der Eröffnung brav die Sponsoren, aus deren Zuwendungen sich die German-Open-Veranstaltung vollständig finanziert, aber damit ist für die einzelnen Gruppen noch lange nicht geklärt, wie sie ihre Kosten bezahlen sollen. So werden nicht nur die oft mit noch einigermaßen einfach zu finanzierenden Legorobotern arbeitenden Schülerteams, die sich jetzt bei den German Open in den Ligen Soccer, Rescue und Dance für die RoboCup-Weltmeisterschaft im Juli qualifizieren können, nur mit Mühe das Geld für die Fahrt in das chinesische Suzhou zusammenbekommen.

Bei den Seniorteams, für die die German Open die Gelegenheit sind, die jedes Jahr verschärften neuen Regeln vor der WM im Wettkampf auszutesten, kosten schon allein die Pflege und Weiterentwicklung der ständig wachsenden Roboterteams viel Geld. Da spätestens nach dem Wettbewerb alle Teams ihre Entwicklungen offenlegen, ist eine Technik, mit der ein Team im vergangenen Jahr Weltmeister wurde, im nächsten Jahr bereits Standard, den der neue Weltmeister wieder deutlich übertrumpfen muss, was in den verschieden ausgerichteten Ligen mehr oder weniger starke Veränderungen auch der Hardware bedeutet. Während in der sehr dynamisch spielenden Small Size Liga noch ein zentraler Rechner außerhalb des Spielfeldes die Informationen einer Kamera über dem Spielfeld auswertet und die Informationen an die jeweils fünf kleinen Radroboter zurückliefert, müssen die Teams in der Middle-Size-Liga jeden ihrer vollständig autonom agierenden Roboter mit allen notwendigen Fähigkeiten ausstatten.

Inzwischen braucht jedes Middle-Size-Team eine spielfähige Roboterschaft aus sechs der maximal 80 Zentimeter hohen rollenden Kickern, die neben einem PC unter anderem auch WLAN an Bord haben, um sich ständig über die Positionen des Balls, der Spieler und der Tore auszutauschen und untereinander im Team abstimmen zu können, wer jeweils welche der nicht fest zugeteilten Rollen übernimmt, also in einer Situation am besten zum Ball geht oder das eigene Tor verteidigt. Um trotz der auch in dieser Liga inzwischen üblichen Hochschüsse den Ball auch dreidimensional im Blick zu behalten, experimentieren die Teams jetzt mit zusätzlichen Kameras neben den omnidirektionalen Kameras. Diese hatten sich in der ersten Phase dieser Liga, als der Ball noch ausschließlich über den Boden rollte, als beste Möglichkeit gezeigt, den Gesamtüberblick zu erhalten, was auf dem inzwischen 12 × 18 Meter großen Spielfeld auch weiterhin benötigt wird.

Jetzt versuchen die Teams, aus der Kombination dieser beiden ganz unterschiedlichen Kameras ein Stereosehen zu berechnen. Die Anforderungen an das Sehen steigen aber nicht nur wegen des dreidimensionalen Spiels. Die Roboter müssen auch mit beliebigen Lichtverhältnissen wie Streulicht durch die Hallenfenster zurechtkommen und auch dann noch den auf dem Spielfeld vergleichsweise einfach zu erkennenden Ball vor dem unruhigen Hintergrund der Zuschauer identifizieren. Erstmals fallen in diesem Jahr auch die bisher üblichen Farbmarkierungen der Tore weg, sodass die Roboter sich ohne diese Hilfe im Raum orientieren müssen.

Auch in den anderen Ligen steigen die Anforderungen an die Fähigkeiten kontinuierlich. So werden die Humanoiden in diesem Jahr nicht nur mit einem auf 180 Grad eingeschränkten Sichtfeld spielen müssen, was bei den Kameras Optimierungen erfordert. Sie werden auch auf einem auf 6 m × 4 m vergrößerten Spielfeld erstmals mit drei Robotern pro Mannschaft antreten: Damit ist ein Ausbau der ersten Teamspielversuche vom vergangenen Jahr nun auch möglich, ohne auf einen Torwart zu verzichten. Die technische Weiterentwicklung geht hier immer noch sehr schnell: Der amtierende Weltmeister NimBro von der Universität Freiburg tritt inzwischen mit drei Generationen an, wobei die Roboter aus dem Jahr 2006, wenn alles nach Wunsch läuft, die German Open wohl überwiegend auf der Ersatzbank verbringen werden. Die Regeln lassen den Teams eine relativ große Freiheit beim Aufbau der Roboter, für den sowohl vollständige Eigenbauten als auch üblicherweise noch modifizierte Bausätze verwendet werden können.

Mit dem Ausbau der Sensoren und Aktuatoren sowie der auch hier per WLAN laufenden Kommunikation steigen auch die Ansprüche an die Rechenleistung immer weiter: Nicht nur bei den NimBro-Robotern sind die ursprünglich verwendeten PDAs inzwischen durch kleine PCs ersetzt. "Es ist noch keineswegs klar, wie ein guter humanoider Roboter designt werden sollte, welche Art der Aktuatoren, der Sensorik, der Kontrolle man am besten verwendet", sagt NimBro-Teamchef Sven Behnke. Während in der Soccer-Simulationsliga schon sehr lange das Teamspiel in Elfermannschaften im Vordergrund steht und auch in anderen Ligen wie Small Size und Aibo die Spieleentwicklung einen großen Raum einnimmt, liegt in der Humanoid-Liga auch weiterhin ein wesentlicher Schwerpunkt auf der Verbesserung der Bewegungsfähigkeiten. Das Gleichgewicht ist zwar deutlich besser geworden, aber immer noch recht labil und der Übergang der Humanoiden vom Gehen zum Laufen oder gar Springen scheint für die RoboCupper noch in recht weiter Ferne. Auch die zweibeinigen Naos, die Nachfolger der in diesem Jahr letztmals teilnehmenden Aibos in der nun in Standard Platform umbenannten Liga zeigen noch längst nicht die Beweglichkeit, mit der die Roboterhunde das Publikum seit Jahren fasziniert hatten.

Eine weitere Neuerung bei den Ligen ist in diesem Jahr die Mixed Reality Liga, bei der reale Miniaturroboter auf einem virtuellen Spielfeld agieren. Die Anstrengungen beim RoboCup richten sich aber nicht nur darauf, fußballspielende Roboter in allen möglichen Varianten zu entwickeln und dabei mehr über Robotertechnik zu lernen. Die drei Ligen Rescue Robot, Rescue Simulation und RoboCup@Home arbeiten daran, die bereits gewonnenen Erkenntnisse direkt für konkrete Anwendungen weiter auszubauen. Die Rescue-Roboter sollen bei Katastrophen, Terrorangriffen, aber auch militärisch in gefährlichen Situationen helfen. Das National Institute of Standards and Technology (NIST) unterstützt den RoboCup, sodass die jedes Jahr weiter erschwerten Aufgaben standardisierten Tests entsprechen. Von den Teams entwickelte Lösungen bekommen so eine hohe praktische Bedeutung. Unter anderem sind die 2005 beim RoboCup erstmals eingesetzten Stepfields inzwischen eine Standardmethode, um die Mobilität von Robotern zu testen. In diesem Jahr müssen die Rescue-Roboter nicht nur einen Hindernis-Parcours bewältigen und durch Puppen symbolisierte Opfer finden, sondern erstmals auch Greifaufgaben lösen.

Bei der RoboCup@Home Liga gleich nebenan sind die Aufgaben ähnlich, aber doch nicht gleich: Auch hier müssen die Roboter nun Dinge manipulieren, aber in diesem Fall sollen sie nicht den Weg freiräumen, sondern gewünschte Dinge aus einem Regal holen und im Raum verstreute Sachen wieder einsammeln. Dazu müssen die ganz unterschiedlich gestalteten persönlichen Roboter nicht nur einfache Manipulationen beherrschen, sondern sich auch in einer Wohnzimmerumgebung zurechtfinden und unterschiedliche Gegenstände erkennen können. Während die Rescue-Liga darauf abzielt, mit ihren Robotern Fachleute zu unterstützen, sollen die Roboter in dieser Liga Menschen direkt im Alltag helfen. Deshalb müssen die Roboter in weiteren Tests auch zeigen, dass sie Menschen erkennen, mit ihnen kommunizieren und ihnen folgen können.

Über die detaillierten Spielpläne und Ergebnisse informiert die Website der German Open. Dort sollen auch Videos Eindrücke vom RoboCup zeigen. (anm/c't) / (pmz)