Wissenschaftler analysieren individuelle Bewegungsprofile von Handynutzern

US-Wissenschaftler haben aus anonymisierten Nutzungsdaten von 100.000 Handy-Nutzern die Wahrscheinlichkeit ermittelt, wann sich eine Person an welchem Ort aufhält.

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Von
  • Florian Rötzer

US-Wissenschaftler unter der Leitung des Netzwerkspezialisten Albert-László Barabási von der Northeastern University in Boston haben die Bewegungsprofile von 100.000 Handy-Nutzern über einen Zeitraum von sechs Monaten detailliert analysiert. Damit haben die Wissenschaftler mit ihrer in der Zeitschrift Nature veröffentlichten Studie auch veranschaulicht, was durch die Vorratsdatenspeicherung staatlichen Sicherheitsbehörden möglich wird: die massenhafte Ermittlung von individuellen Profilen.

Die für Abrechnungs- und Betriebszwecke erhobenen Daten stammen von einem nicht genannten europäischen Mobilfunkprovider und enthalten für Anrufe oder SMS-Kommunikation Datum, Zeit und Ort des jeweiligen Handymasten. Aus den anonymisierten Daten von insgesamt 6 Millionen Handynutzern wurde eine zufällige Stichprobe von 100.000 ausgewählt. Angeblich wurde eine nicht genaue Lokalisierung verwendet, sondern nur der Ort der Handymasten, die etwa drei Quadratkilometer abdecken.

Analysiert wurden so 16.364.308 Aufenthaltsorte und die Bewegung bis zu einer Entfernung von 1000 km. Zur Kontrolle wurden weiterhin die Daten von 206 Kunden herangezogen, die Dienste wie Verkehrsnachrichten benutzten, sodass deren Bewegung kontinuierlich lokalisiert werden kann. Hier wurden die Ortskoordinaten alle zwei Stunden während einer Woche analysiert. Die Kunden wurden, zumindest ist davon nichts zu lesen, nicht um Erlaubnis gefragt, ob die Wissenschaftler ihre Daten verwenden dürfen.

Die Analyse ergab, dass sich die Menschen, wie zu erwarten, in ihrem täglichen Leben keineswegs zufällig bewegen. Die auf die Bewegungsprofile von einzelnen Menschen heruntergebrochenen Muster zeigen "ein hohes Maß an zeitlicher und räumlicher Regelmäßigkeit". Jeder Mensch sei durch eine zeitunabhängige Reisedistanz und eine hohe Wahrscheinlichkeit gekennzeichnet, immer wieder zu einigen wenigen viel besuchten Orten zurückzukehren. Dabei lässt sich, wenig verwunderlich, eine 24-stündige Periodizität beobachten.

Die Bewegungsmuster der einzelnen Menschen haben die Wissenschaftler in räumliche Wahrscheinlichkeitsverteilungen zusammenfassen können, nach denen deutlich werde, dass Menschen trotz ihrer unterschiedlichen Bewegungen "einfachen, sich wiederholenden Mustern" folgen. Aufgrund dieser Muster lassen sich, so die Wissenschaftler, bessere Modelle etwa für die Stadtplanung, für die Prävention von Epidemien oder für die Reaktion auf Notfälle entwickeln. Allerdings kann man so auch die Wahrscheinlichkeit ermitteln, wann welcher Mensch sich an einem bestimmten Ort aufhalten wird.

Siehe dazu auch in Telepolis:

(fr)