IBC: H.264-Verfechter werfen Microsoft Täuschungsmanöver vor

Microsoft rückt mit angeblich unfairen Mitteln seinen Video-Codec Windows Media 9 in ein besseres Licht als das Konkurrenzprodukt H.264/AVC.

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Von
  • Nico Jurran

Mitglieder des MPEG-4-Forums behaupten, dass Microsoft mit unfairen Tests und unwahren Behauptungen seinen Video-Codec Windows Media 9 in ein besseres Licht rücke als das Konkurrenzprodukt H.264/AVC (MPEG-4 Part 10). So gab Don Shulsinger, Execute Vice President Sales and Marketing des Bostoner Unternehmens Sand Video, heute auf der Broadcasting- und Medienmesse IBC in Amsterdam bei einer Pressekonferenz des MPEG 4 Industry Forums an, dass Microsoft bei Präsentationen hochoptimierte Videokompressionsverfahren gegen veraltete, unoptimierte Version von H.264 antreten lasse. Forumspräsident Rob Koenen stimmte in diese Kritik nicht nur ein, sondern wies zugleich die Behauptung Microsofts zurück, dass es sich bei Windows Media um einen offenen Standard handele: Für eine solche Wertung reiche es nicht, dass Microsoft nur eine Dokumentation des völlig von dem Unternehmen kontrollierten Codecs veröffentliche.

Laut Koenen seien auch Behauptungen aus der Luft gegriffen, nach denen Lizenzgebühren für den bloßen Gebrauch von Material anfallen sollen, das in H.264 komprimiert ist. Tatsächlich gibt es für das Kompressionsverfahren noch kein endgültiges Lizensierungsmodell, weshalb Koenen auf der Pressekonferenz auch ausdrücklich einen gestern von der Via Licensing Corporation als Vertreter von neun (bislang nicht genannten) Patentinhabern veröffentlichten Plan befürwortete. Danach sollen Lizenznehmer generell 0,25 US-Dollar pro H.264-Produkt zahlen -- anders als bei MPEG2 fiele somit eine Unterscheidung zwischen Encoder und Decoder und entsprechend unterschiedliche Gebühren weg. Allerdings würde auch für jede Trial-Version eines H.264-Software-Decoder eine Gebühr von 0,0025 US-Dollar fällig. Zudem bestimmt Via Licensing, übrigens ein unabhängiges Tochterunternehmen der Dolby Laboratories, dass eine solche Testversion maximal 20 Dekodierungsdurchgänge ausführen darf oder 30 Tage nach dem ersten Start seinen Dienst verweigern muss.

Eine Content-abhängige Gebühr (beispielsweise für das Streamen von Content in H.264) soll generell nicht erhoben werden. Zwei Ausnahmen davon gebe es jedoch: So müssen Anbieter von Video-On-Demand-Diensten, bei denen der Kunde H.264-komprimierte Titel auswählen und herunterladen können, für jeden Titel 0,0025 US-Dollar zahlen. Zudem ist eine Vervielfältigungsgebühr auch für AVC-Material angedacht, das beispielsweise auf Heft-CDs/DVDs von Zeitschriften gebrannt wird. (nij/c't) / (ad)