Brandenburger Datenschützer verlangt Beendigung der Rasterfahndung

Ein halbes Jahr nach Beginn der Rasterfahndung sollen alle Datensätze gelöscht werden, die nicht für konkrete Ermittlungen zur aktuellen Gefahrenabwehr benötigt werden, fordert Alexander Dix.

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  • dpa

Die nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 angewandte Rasterfahndung muss nach Ansicht des brandenburgischen Datenschutzbeauftragten Alexander Dix sofort beendet werden. Ein halbes Jahr nach ihrem Beginn seien alle Datensätze zu löschen, die nicht für konkrete Ermittlungen zur aktuellen Gefahrenabwehr benötigt werden, forderte Dix. An seinem Dienstsitz in Kleinmachnow stellte er seinen Jahresbericht 2001 vor.

In Brandenburg wurden Dix zufolge bei der Rasterfahndung nach so genannten Schläfern fast eine halbe Million Datensätze an das Landeskriminalamt (LKA) übermittelt. Gelöscht habe das LKA bisher die von Melde- und Ausländerbehörden sowie Hochschulen und Universitäten gelieferten Grunddatensätze. Rund 19.000 Datensätze seien aber weiterhin gespeichert, wovon nur "ein Bruchteil im dreistelligen Bereich" noch mit Dateien des Bundeskriminalamtes abzugleichen sei. Eine Speicherung solcher Informationen "auf Vorrat" -- also zur künftigen Auswertung für andere Zwecke -- ist laut Dix unzulässig.

Er habe erhebliche Zweifel an Eignung und Erfolg der Rasterfahndung, unterstrich Dix. Sie richte sich ja gegen bisher unbescholtene Personen, die nur vielleicht terroristische Absichten hegen. "Eine Gedanken-Polizei ist aber im Rechtsstaat nicht denkbar." Die Erfahrung aus sechs Monaten Rasterfahndung zwingen nach Dix' Ansicht zu einer bundesweiten Bewertung, was diese Methode überhaupt leisten kann.

Die heimliche Überwachung der Telekommunikation -- von Telefongesprächen bis zum Internet -- dürfe weiter nur im Rahmen enger rechtlicher Grenzen erfolgen, mahnte der Datenschützer. Die kritische Überprüfung dieser um sich greifenden Überwachung sei vordringlich. So strebten die Strafverfolgungsbehörden an, das Internet als Fahndungsplattform zu nutzen. Sie forderten immer wieder, Netzbetreiber und Provider zu verpflichten, generell alle Bewegungen im Netz automatisch zu registrieren. Das aber wäre verfassungswidrig.

Nach Dix' Eindruck gewinnt der Datenschutz ständig an Bedeutung. Im Jahresbericht heißt es dazu, die Freiheitsrechte des Einzelnen und damit das Grundrecht auf Datenschutz stünden seit den Anschlägen vom 11. September vor einer harten Bewährungsprobe. Der Gesetzgeber habe auf die terroristische Bedrohung in großer Eile mit einem Bündel von Gesetzesverschärfungen reagiert. Dabei sei das rechtsstaatlich gebotene Augenmaß teilweise auf der Strecke geblieben. "Man konnte fast den Eindruck gewinnen, die deutsche Datenschutzgesetzgebung sei eine wesentliche Ursache der Terroranschläge in den USA gewesen."

Auch in anderem Zusammenhang wurde laut Bericht 2001 die massenhafte Verarbeitung von Personendaten gefordert. Dazu zählten der Vorschlag, wegen der zahlreichen Gewaltverbrechen an Kindern sollten sich alle Männer einer DNA-Analyse unterziehen, oder die erwogene Medikamenten-Chipkarte mit sensiblen medizinischen Daten.

Als positive Entwicklung nennt der Bericht unter anderem die größere Transparenz staatlichen Handelns. So werde die Anwendung des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes in Brandenburg "zunehmend Bestandteil einer normalen, unaufgeregten Verwaltungspraxis". (dpa) / (anw)