WHO, Nokia und Image Online Design wollen neue TLDs

Grünes Licht bekommt Stuart Lynn, CEO der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN), für eine zweite Runde neuer Top Level Domains.

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Von
  • Monika Ermert

Grünes Licht bekommt Stuart Lynn, CEO der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN), für eine zweite Runde neuer Top Level Domains. Das entschied der Vorstand bei seiner kurzfristig anberaumten Jahresversammlung heute in Amsterdam. Lynn bereitet nun die Ausschreibung für eine kleine Zahl neuer TLDs vor, allerdings nur für sogenannte "sponsored" Domains im Stil von .museum. Mit der Frage, wie es grundsätzlich weitergehen soll, werden sich zunächst ICANNs Gremien beschäftigen.

Kaum hatte Lynn den Vorschlag unterbreitet, stehen die Interessenten Schlange. Nacheinander erinnerten sich Vertreter der Reisebranche Tralliance/IATA, der World Health Organization (WHO) und von Nokia an ihre Bewerbungen vor zwei Jahren. Und andere alte Bekannte wie Chris Ambler (Image Online Design), Betreiber der alternativen web-TLD, die 2000 ebenfalls abgelehnt wurde, meldeten sich zurück.

Während sich die IATA offensichtlich bei einer Runde mit Spezialdomains gute Chancen ausrechnet und ICANN brav applaudierte, kritisierte Lauri Hirvonen von Nokia den Plan, "vorerst keine weitere Runde mit offenen TLDs zuzulassen". Man habe Verständnis für die Notwendigkeit, die Erfahrungen aus der ersten Runde zu bewerten, "aber ICANN muss sich darüber im Klaren sein, dass sie durch die Freiheit, sich diese Zeit zu nehmen, den Wettbewerb und Innovation im Internet extrem behindert". Hirvonen kündigte an, Nokia werde seine geplante TLD für Mobilnutzer auf jeden Fall einreichen.

Siemens-Manager Helmut Schink, ITU-Vertreter im ICANN-Vorstand, hatte vor zwei Jahren alle Telefon-orientierten TLD-Vorschläge gehört und dabei auf die ITU-Aktivitäten in diesem Bereich hingewiesen. Er empfahl Nokia jetzt, den Vorschlag auf einer neutraleren Plattform, etwa dem UMTS-Konsortium aufzubauen. Gegen die Vergabe einer mobile-Domain an eine einzige Firma gebe es Bedenken, sagte der spanische ICANN-Direktor Amadeu Abril i Abril.

An der Frage, ob ICANN solche Überlegungen überhaupt anstellen soll, scheiden sich allerdings die Geister. Milton Mueller, langjähriger ICANN-Beobachter der University of Syracuse, warnte davor, dass ICANN den Adressraum wie eine knappe Ressource verwalte. "Wenn ich mein eigenes Haus haben möchte und man sagt mir, das brauchst du doch nicht, du kannst dir doch eines leihen," sei das kaum akzeptabel. Mueller -- und mit ihm auch einzelne Direktoren -- sind dafür, neue TLDs nur auf ihre technische Solidität zu prüfen, sich ansonsten aber herauszuhalten. Lynn hatte mit seinem Vorschlag die Frage verbunden, ob ICANN ausgewählte TLDs ausschreiben oder einfach Bewerbungen zulassen und also den Markt entscheiden lassen sollten.

ICANNs Direktoren sind einig in der Frage, wie weit ihre Verantwortung bei der Auswahl der neuen TLDs geht und wie weit sie mit Rücksicht auf die Nutzer etwa für den Erfolg oder Misserfolg verantwortlich sind. Denic-Chefin Sabine Dolderer sagte: "Wir sehen eine Menge Unternehmen kommen und wieder gehen. Ich sehe daher auch keine Notwendigkeit, Nutzern zu garantieren, dass eine Domain für immer da sein wird. Niemand hat sich darum gekümmert, Kunden von KPNQWest ein weiter funktionierendes Netz zu sichern."

Lynn könnte mit seinem Vorhaben sogar noch die EU überholen, die noch immer an ihrer .eu-Domain arbeitet. Hinter verschlossenen Türen werden zwar kräftig die sieben Bewerber um die Registry von fünf privaten Experten evaluiert. Doch bis die Kommission die Evaluation gewürdigt und mit der neuen Telecommunications Group der Mitgliedsstaaten diskutiert hat, werden noch mindestens drei Monate ins Land gehen. Über die Chancen der sieben Bewerber will die Kommission zum gegenwärtigen Zeitpunkt absolutes Stillschweigen bewahren, nur soviel war in Erfahrung zu bringen: Rund 50 Prozent der Bewerbungen erfüllen nicht die Vorbedingungen der Kommission und kommen nicht mehr in die engere Wahl. (Monika Ermert) / (anw)