100 Jahre Kaiser Wilhelm II auf der Walze
Heute vor hundert Jahren besprach Kaiser Wilhelm II erstmals einen Tonträger, die älteste noch erhaltene politisch bedeutende Tonaufnahme in der deutschen Geschichte.
Heute vor Hundert Jahren sprach Kaiser Wilhelm II zum ersten Mal auf einen Tonträger    eine Edison-Walze, die als erste noch erhaltene politisch wichtige Tonaufnahme in die deutschen Annalen einging: "Hart sein im Schmerz, nicht wünschen, was unerreichbar oder wertlos, zufrieden mit dem Tag wie er kommt, in allem das Gute suchen und Freude an der Natur und an den Menschen haben, wie sie nun einmal sind ..."
Den ganzen Text der knapp zweiminütigen Ansprache kann man sich beim Deutschen Rundfunkarchiv anschauen beziehungsweise einen Auszug davon anhören. Die komplette Aufnahme sowie weitere interessante Mittschnitte der ersten Tondokumente aus der Kaiserzeit gibt es beim Rundfunkarchiv auf CD unter dem Namen "'Der Kaiser kommt    der Kaiser geht'    Tondokumente von 1900 bis 1918" für nur 5 Euro.
Bei den frühen Tonträgern handelte es sich um Edison-Walzen und Schallplatten. Im Unterschied zu vielen anderen Erfindungen ist die Sprach- und Klangwiedergabe mit dem Phonographen unstrittig eine erfinderische Leistung von Thomas Alva Edison. Zwar konnte schon 50 Jahre vor ihm der Göttinger Physiker Wilhelm Weber Schwingungen aufzeichnen, sie aber nicht wiedergeben. Parallel zu Edison hatten allerdings der französische "Lebenskünstler" Charles Gros und insbesondere der in die USA ausgewanderte Hannoveraner Emile Berliner konkurrierende Verfahren auf rotierenden Scheiben entwickelt. Seine einige Jahre später vorgestellten Gram-o-Phon-Scheiben waren im Unterschied zu Edisons Phonographen-Walzen leichter zu reproduzieren und hielten viele Abspielvorgänge aus. Vor allem nachdem Berliner Schellack als ideales Trägermaterial entdeckt hatte und seine Firma, die Gram-o-Phone-Company, Enrico Caruso (hier von der BBC die berühmte Aufnahme von 1902 zusammen mit dem "letzten" Kastraten Alessandro Moreschi) und Nellie Melba verpflichtete hatte, verdrängte die Grammophonplatte schnell die Walze. Die Platte verkaufte sich gar eine Million Mal.
Hinzu kam der als Markenzeichen berühmt gewordene Hund Nipper, der "his Master's Voice (HMV)" lauschte. Nach einem ziemlichen Kuddelmuddel von Firmenverkäufen, Zusammenschlüssen und Neugründungen kam das Label via Victor, RCA, Columbia etc. zu EMI. Nippers malendes Herrchen Francis Barraud hatte das Bild (mit Phonographen statt Grammophon) übrigens zunächst der Edisonschen Firma angeboten, die es aber nicht haben wollte. Der Sage nach hat Edison auf den ersten Phonographen "Mary has a little Lamb" gesprochen. Edison dachte aber wohl hauptsächlich an seine zur gleichen Zeit in Bearbeitung befindliche andere Erfindung: die Glühlampe. Und so wird er wohl "Mary has a little lamp" formuliert haben    die Aufnahme als Beweisstück hat die Zeit leider nicht überstanden (Edisons erste Walzen überlebten eh nur eine Abspielung).
(as)