Web-Kritik an Arbeitgeber landet vor Gericht

Dürfen Arbeitnehmer ihren ehemaligen Arbeitgeber im Internet kritisieren? Diese Frage soll morgen das Landgericht Bochum klären.

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Von
  • Dorothee Wiegand

Die Veröffentlichung eines arbeitgeberkritischen Flugblatts im Internet hat dem Wissenschaftsladen Dortmund Ärger mit der Justiz eingebracht. Der Wissenschaftsladen ist Träger eines Projekts FREE!, das unterschiedlichen Gruppen die Möglichkeit eines Internet-Auftritts bietet. FREE! stellt dabei die Infrastruktur zur Verfügung, nimmt jedoch auf die Inhalte der Seiten keinen Einfluß.

Hotlines, eines der von FREE! gehosteten Projekte, hatte auf seinen Webseiten ein Flugblatt veröffentlicht, in dem eine ehemalige Mitarbeiterin von ISI Marketing ihre Tätigkeit unter anderem als "Scheiß-Job" und ihren Arbeitgeber als "miese Bude" bezeichnet hatte. Das wollte sich der Call-Center-Betreiber nicht gefallen lassen und beantragte beim Landgericht Bochum eine einstweilige Verfügung. Darin wurde dem Wissenschaftsladen untersagt, diese Äußerungen weiter im Internet zugänglich zu machen. Bei Zuwiderhandlung drohe eine Ordnungsstrafe bis zu 500.000 Mark oder 6 Monate Haft, heißt es in einer Erklärung des Wissenschaftsladens. Die Vereinsmitglieder hatten in diesem Fall alle Widerspruchsfristen verstreichen lassen und der Verfügung entsprochen.

Im Mai erwirkte ISI Marketing nun eine zweite einstweilige Verfügung gegen den Dortmunder Verein, nach dem die Firma erneut in einem Hotline-Flugblatt heftig kritisiert worden war. Diesmal beauftragten die Mitglieder des Wissenschaftsladens den Rechtsanwalt Peter Weißpfennig. Der erreichte immerhin, dass der Fall morgen in einer mündlichen Verhandlung vom Landgericht Bochum geprüft wird.

Zum weiteren Verlauf der Sache wollte Weißpfennig keine Voraussage machen. Eigentlich sei das Projekt Hotlines und nicht der Wissenschaftsladen verantwortlich für die Flugblätter. "ISI Marketing geht den einfachsten Weg". "Richtig vergleichbare Fälle" sind dem Anwalt nicht bekannt. Zumindest habe der Bundesgerichtshof noch keinen Fall dieser Art entschieden, so Weißpfennig im Gespräch mit heise online.

Der weitere Verlauf des Verfahrens dürfte allgemein mit Interesse verfolgt werden. Es gibt viele Websites, auf denen Arbeitgeber kritisiert werden. Gerade die Arbeitsbedingungen in Call Centern sind dabei Gegenstand der Kritik von Sites wie beispielsweise www.callcenteroffensive.de. (dwi)