"Star Wars": Lowtech gegen Hightech

Mit unbemannten Mini-Langstreckenflugzeugen ließe sich das geplante amerikanische Raketenabwehrschild relativ einfach unterlaufen.

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Von
  • Florian Rötzer

Entschlossen will die neue amerikanische Regierung, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld allen voran, an den Plänen festhalten, in Form des "Son of Star Wars" das Raketenabwehrsystem NMD (National Missile Defense Program) zu realisieren. Es soll die USA und womöglich einige befreundete Staaten vor Angriffen mit transkontinentalen Raketen schützen. Rumsfeld hat das gerade erst auf der Münchener Konferenz zur Sicherheitspolitik noch einmal unmissverständlich klar gemacht. Allerdings belegt ein kleines, unscheinbares, weitgehend aus Holz bestehendes, über GPS-Navigation sich selbst steuerndes Flugzeug, dass die vielen Milliarden US-Dollar von vorneherein in den Sand gesetzt sein könnten.

Die Schwäche des NMD ist, dass mit den EKVs (Exoatmospheric Kill Vehicles), die von dreistufigen Trägerraketen in den Raum geschossen werden und nur außerhalb der Atmosphäre richtig funktionieren, bestenfalls wenige Langstreckenraketen rechtzeitig abgeschossen werden könnten. Gegen einen Angriff eines Staates, der wie Russland über viele solcher Raketen mit Nuklearsprengköpfen verfügt, wäre der Schild weitgehend wirkungslos. Gedacht ist er denn auch – nach dem Gleichgewicht des Schreckens im Zeitalter des Kalten Krieges – als Schutz gegen die "Schurkenstaaten", die solche Nuklearraketen möglicherweise nur in einer kleinen Anzahl besitzen und überdies schneller einmal losschlagen könnten als die Großmächte.

Seit längerer Zeit ist in die US-Strategieprogramme der Nationalen Sicherheit neben der Bedrohung durch den Cyberwar auch die durch chemische und biologische Waffen, den so genannten Massenvernichtungswaffen des kleinen Mannes, eingearbeitet worden. Sie können relativ billig, ohne großen Aufwand, mit auf dem Markt erhältlichen Bestandteilen und unauffällig hergestellt, in ein Land eingeführt und in Form von Anschlägen auch eingesetzt werden. Die großen militärischen Apparate und die teuren technischen Systeme, mit denen man bislang ein Land verteidigt oder angegriffen hatte, nutzen im Hinblick auf solche terroristischen Szenarien nicht mehr viel.

Aber es gibt auch bereits kleine, billige und unbemannte Flugzeuge, die über weite Entfernung fliegen und Bomben, unentdeckbar von Radaranlagen, relativ präzise an ihr Ziel bringen könnten. Beispiel dafür ist der Flugzeugtyp Aerosonde, hergestellt von der Insitu Group, eine Art Stealth Bomber des kleinen Mannes für weite Flüge. 13 Kilogramm schwer ist das Flugzeug, ausgestattet mit einem GPS-Empfänger, einigen Gyroskopen, einem normalen Motor, einem Generator für die Elektronik, Flügeln und Lenksystem von Modellflugzeugen und natürlich einem Kleinstcomputer an Bord, so dass sich Flugroute und -höhe vorprogrammieren lassen. Aus symbolischen Gründen trat man 1998 zur Atlantiküberquerung an, wozu das Flugzeug gerade einmal 8 Liter Treibstoff benötigte. Vier Flugzeuge wurden losgeschickt, eines schaffte die Strecke über 3200 Kilometer von Neufundland bis zu den Hebriden, der Inselgruppe im Norden Schottlands. Dieses Jahr soll mit einem transpazifischen Flug gezeigt werden, dass die Flugzeuge noch viel weitere Strecken überwinden können.

Gedacht sind die Miniaturflugzeuge eigentlich für den Wetterdienst oder als Erkundungsflugzeuge. Aber natürlich lassen sie sich im Prinzip auch mit einem etwas stärkeren Motor ausstatten, um etwa einen nuklearen Sprengsatz, Giftgas oder biologische Waffen in eine Großstadt zu bringen. An die 10.000 US-Dollar kostet so eine Maschine, deren Bestandteile sich überall rechtmäßig kaufen und in einer Garage zusammenbauen lassen. Das ist weder von der Beschaffung, der Technik oder der Produktion her auffällig – und entgeht gewiss den Aufklärungssatelliten. Es sind auch keine auffälligen Flugplätze oder Abschussrampen notwendig, die Kleinstflugzeuge lassen sich von einem Autodach oder einem kleinen Schiff starten – Tausende von Kilometern von ihrem Ziel entfernt und so tief fliegend, dass kaum jemand sie bemerken wird oder gar denkt, dass da eine gefährliche Angriffswaffe angeflogen kommt.

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