Prozess gegen französische Internetprovider verschoben

In dem Frage, ob die Internetprovider den Zugriff auf ein amerikanisches Nazi-Portal für ihre Kunden sperren müssen, sollen erst einmal Experten gehört werden.

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Von
  • Florian Rötzer

Der Richter Jean-Jacques Gomez, der durch den Prozess gegen Yahoo bekannt wurde, hat gestern die Anhörung in dem viel beachteten Verfahren auf den 4. September verschoben. An dem neuen Termin sollen Experten – "grands témoins de l'Internet" – zu der für das Internetrecht wahrscheinlich wichtigen Frage gehört werden, ob die französische Internetprovider ihren Kunden den Zugang zum amerikanischen Hass-Portal front14.org sperren müssen. Im Fall Yahoo hatte Gomez entschieden, dass das Portal alle nach französischen Recht illegalen Inhalte wie das Anbieten von Nazi-Gegenständen auf Auktionsseiten für französische Bürger unzugänglich machen muss.

Kläger ist die neu gegründete "Internationale Aktion für die Gerechtigkeit", die mit der Aktion J'accuse 13 französische Internetprovider und den Verband der Internetprovider AFA zwingen will, die Blockade von front14.org durchzuführen. Vorbild für die Aktion von "J'accuse" ist der Erfolg von "Kinder des Holocaust". Der Schweizer Organisation gelang es, drei große Schweizer Provider dazu zu bringen, für ihre Kunden den Zugang zu front14.org im Februar freiwillig zu sperren, ohne dass diese Sperrung vom Gericht angeordnet wurde. Die französischen Internetprovider weigerten sich mit der Begründung, dies sei technisch unmöglich. Außerdem sei dies Aufgabe des Staates und dürfe nicht in der Willkür der Provider liegen. Überdies müsse dazu das Verhalten aller Kunden im Internet ungebührlich überwacht werden. Rechtlich sei es auch nicht einwandfrei, das Hass-Portal pauschal zu blockieren.

Richter Gomez hat gestern J'accuse aufgetragen, bis zur nächsten Anhörung im September eine Liste mit allen Websites auf front14 aufzustellen, die einen offensichtlich nach französischem Recht illegalen Inhalt aufweisen. Überdies soll, wenn möglich, die Identität der französischen Betreiber von Websites geklärt werden. Gomez will jedenfalls seine Überlegungen bis zum September vertiefen und auch auf ethische Fragen ausweiten. J'accuse zeigte sich mit dieser Entscheidung des Richters zufrieden. Auch die AFA ist zufrieden, weil der Richter der Argumentationslinie des Providerverbandes gefolgt sei und darauf verzichtet habe, ein ganzes Portal zu sperren. Gomez stimmte allerdings nicht mit der AFA darin überein, dass es technisch unmöglich sei, die Blockade eines Portals für französische Bürger durchzuführen. (Nathalie Roller)

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