Patentwettrüsten in Europa

Das Europäische Patentamt präsentiert seinen Jahresbericht.

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Von
  • Florian Rötzer

Im seinem Jahresbericht verweist das Europäische Patentamt auf einen neuen Anmeldungsrekord: Insgesamt, so die Behörde, habe der Zuwachs bei den neu angemeldeten Patenten gut 9 Prozent betragen, im Bereich "Datenverarbeitung" liege er sogar bei 25 Prozent.

EPA-Präsident Ingo Kober gab bei der Vorstellung des Berichts zu, dass sich eine "neue Philosophie" im Patentwesen etabliert habe, die den Patentantrag nicht mehr als Mittel zum Schutz einer Erfindung, sondern als Instrument zum "Erschrecken der Konkurrenz" sehe. Anträge werden von den Antragstellern bewusst verschleppt, um Wettbewerber möglichst lange in einem Klima der Angst zu halten. Deshalb werde neuerdings von vorneherein jeder "Output" ohne vorherige Recherche zum Patent angemeldet. Die Tatsache, dass vor allem im Softwarepatentland USA die Patentstreitigkeiten erheblich zugenommen haben, lässt jedoch darauf schließen, dass die vom EPA schleichend betriebene Patentierbarkeit von Software einen gehörigen Anteil an dieser Entwicklung hat.

Norbert Haugg, der frühere Präsident des Deutschen Patent- und Markenamts, schätzte, dass rund 95 Prozent aller Patente weltweit noch nie verwertet worden sind. Ein Grund dafür ist, dass ihre Lizenzierung oft zu kompliziert und zu teuer ist. Ein anderer Grund ist, dass Patente von großen Firmen zunehmend als "Drohwährung" und zur Ausschaltung von Konkurrenztechnologien gehalten werden. Durch das "Crosslicensing", einer Art Patentkriegs-Waffenstillstand, entsteht ein Oligopol von großen Unternehmen dessen Mitglieder allein noch das Risiko der Produktion von Software wagen können.

Mehr dazu von Peter Mühlbauer in Telepolis: (fr)

  • Sind Patente ein Patentrezept? -- Die Zahl der Patentanmeldungen wird wie der Medaillenspiegel bei olympischen Spielen als nationaler Erfolg präsentiert. Doch bei genauerer Betrachtung ähnelt sie eher den Plansollübererfüllungen in der DDR: Allein die Statistik zählt - auf Qualität und Nutzen wird zunehmend weniger geachtet.