Medienkonzerne kritisieren Online-Strategie der ARD
Nach Ansicht von Hubert Burda erobern die öffentlich-rechtlichen Anstalten "wie Partisanen" den Internet-Markt.
Bei einer Podiumsdiskussion zur Eröffnung der Münchener Medientage übte heute Hubert Burda, Chef des gleichnamigen Medienkonzerns, scharfe Kritik an der Online-Strategie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Deren Web-Angebote würden viele E-Commerce-Angebote enthalten und damit in direkter Konkurrenz zu kommerziellen Auftritten der Privatsender stehen. Finanziert mit Rundfunkgebühren würden sie "wie Partisanen" den Markt erobern.
"Das werden wir nicht akzeptieren", sagte der aufgebrachte Burda seinem Gegenüber, dem ARD-Vorsitzenden Fritz Pleitgen. "Kaufen Sie sich doch gleich Die Woche und machen Sie eine gebührenfinanzierte Tageszeitung draus", spitzte Burda zu. Zur Seite stand ihm dabei der stellvertretende Geschäftsführer des Kirch-Konzerns, Dieter Hahn. KirchMedia könne trotz der Flaute im Werbemarkt seine Online-Geschäfte langfristig profitabel gestalten, versicherte er. Das ARD-Angebot dagegen stünde auf wackeligen Füßen, denn "Brüssel wird sich diese Aktivitäten sehr genau ansehen". Dem pflichtete auch der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) bei. "Sie unterschätzen die EU", warnte er den ARD-Chef.
Pleitgen und ZDF-Intendant Dieter Stolte gaben sich ob der Vorwürfe gelassen. "Die EU-Kommission hat unser Konzept der Mischfinanzierung längst anerkannt", konterte Pleitgen. Ohnehin würde beispielsweise der WDR-Onlineshop "kaum Geld bringen". Das seien eher Marketing-Maßnahmen. Er wies auf den Informationsauftrag der öffentlich-rechtlichen Sender hin. "Dieses Medium ist voller Wahrheiten und voller Lügen. Deshalb wollen wir unsere guten und geprüften Informationen dort anbieten."
Auch die Kooperation des ZDF mit T-Online stand im Kreuzfeuer der Kritik der privaten Rundfunkanbieter. Mit einem Fingerzeig auf den ebenfalls anwesenden Telekom-Vorstand Gerd Tenzer sagte Burda, dass T-Online durch oftmalige Einblendungen von Web-Adressen während ZDF-Nachrichtensendungen indirekt seinen Erfolg mit Gebührengeldern finanziere. Dies sei lediglich eine "ergänzende Programminformation", konterte ZDF-Chef Stolte.
Relativ gelassen gab sich die Runde zur neuen Situation auf dem Kabelmarkt, nachdem die Telekom ihre Netze an die US-Investoren Callahan und Liberty verkauft hat. Hinter Liberty steht John Malone aus Denver, der auch an weltumspannenden Konzernen wie etwa AOL Time Warner beteiligt ist. Stoiber sieht dennoch keinen gesetzlichen Regulierungsbedarf, da auch nach Ausbau der Netze zum rückkanalfähigen Breitband zumindest die öffentlich-rechtlichen Programme (Must-Carry-Regelung) von den neuen Anbietern aufgenommen werden müssten. Auch RTL-Chef Gerhard Zeiler glaubt nicht, dass die kleinen Sender der RTL-Gruppe wie Vox künftig ausgesperrt werden könnten.
Skeptischer gab sich Urs Rohner, Vorstandsvorsitzender der ProSiebenSAT.1 Media AG. Er gab zu bedenken, dass es nun erstmals in Deutschland Netzbetreiber gebe, die zugleich eigene Programme anbieten wollten. Liberty sei "nicht der Teufel", beschwichtigte Telekom-Vorstand Tenzer. "Das sind aufgeweckte Jungs und Mädels", berichtete er von den Verkaufsverhandlungen. Die Deutsche Telekom freue sich, erstmals einen Konkurrenten auf der Infrastrukturebene zu haben, "und nicht nur einen Trittbrettfahrer". (hob)