IBM sabotiert UNO-geförderten freien Standard

Mit überraschenden Patentansprüchen unterwandert IBM den vermeintlich offenen Standard ebXML.

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Von
  • Hans-Peter Schüler

Mit überraschenden Patentansprüchen unterwandert IBM den vermeintlich offenen Standard ebXML. Ende März brachte Big Blue bei der für ebXML federführenden Organisation zur Förderung von Standards für strukturierte Informationen OASIS einen Patentvorbehalt für seine Protokolle CPP (Collaboration Protocol Profiles) und CPA (Collaboration Protocol Agreements) vor. Ohne diese Bestandteile lässt sich mit ebXML so gut wie nichts anfangen, und IBMs Vorbehalt auf Lizenzansprüche bedeutet das Aus für diese Sprache als freien Standard.

Die aus der Extensible Markup Language XML abgeleiteten Regeln zur Beschreibung von electronic transactions and business collaboration entstanden unter Mitwirkung des UNO-Zentrums für Handelshilfen und E-Business UN/CEFACT unter der Annahme, es komme ein lizenzfreier Standard zusammen. UN-Projektleiter Ray Walker brachte sein Erstaunen zum Ausdruck, dass jetzt -- zwei Jahre, nachdem IBM seine Beiträge zur Sprache ebXML eingebracht hat -- solche Hemmnisse "aus dem Gebälk hervorkommen". IBMs zuständiger Strategiedirektor Bob Sutor sei vielfach aufgestanden und habe unmissverständlich verkündet, die Beiträge seines Brötchengebers unterlägen keinerlei Einschränkungen. Jetzt allerdings erklärte IBM-Sprecherin Angela Lee, das Unternehmen wolle diesbezügliche Lizenzfragen von Fall zu Fall bewerten. Im Unterschied zu einem Gebührenverzicht heißt die Parole nun RAND -- "Reasonable And Non-Discriminatory Terms".

Vorfälle wie dieser machen verständlich, warum sich etwa das Worldwide Web Consortium W3C eigens eine Royalty-Free-Policy gegeben hat, der zufolge sich Mitglieder von Standardisierungs-Komitees im Voraus darauf festlegen müssen, auf etwaige Patentansprüche zu verzichten. (hps)