Steuerprüfung stöbert bald online

Das Bundesfinanzministerium verpflichtet Unternehmen, ihre Daten digital für Steuerprüfungen zugänglich zu machen.

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Von
  • Hans-Peter Schüler

Das Bundesfinanzministerium verpflichtet Unternehmen, ihre Daten digital für Steuerprüfungen zugänglich zu machen. Ein Schreiben des Finanzministeriums vom 16. Juli über Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) konkretisiert schwammige Ausdrücke aus dem Steuersenkungsgesetz vom Oktober 2000, etwa im Rahmen der dort vorgenommenen Änderung der Abgabenordnung (AO). Das Schreiben sieht unter anderem vor, dass ab Jahresanfang 2002 alle relevanten Unterlagen, die man aus steuerlichen Gründen aufbewahren muss, auch digital für das Finanzamt einsehbar sein müssen. Ausgenommen sind nur solche Dokumente, die von vornherein in Papierform vorliegen.

Als Konsequenz will der Fiskus die archivierten Daten nämlich mit ähnlich mächtiger Software auswerten können wie die Unternehmen. Was eine Firma mit komplexen Datenbanken analysiert, soll der Steuerprüfer nicht mit Texterkennung und Volltextsuche bewerten müssen. Im Unterschied zu früheren Vorgaben müssen maschinenlesbare Dokumente zukünftig mindestens im Originalformat aufbewahrt werden; Archive aus TIFF- oder PDF-Dateien wollen die Finanzbehörden in Zukunft nicht mehr anerkennen. Dass die neuen Vorschriften bei unterschiedlich großen Betrieben auch verschieden großen Aufwand hervor rufen, ist den Bürokraten gleichgültig – die GDPdU gelten für alle steuerpflichtigen Firmen, ohne Rücksicht darauf, dass das vorgeschriebene Verfahren gerade für kleinere Betriebe einen beträchtlichen Aufwand mit sich bringt. Darüber hinaus ist fraglich, welche Firmensoftware bis zum Jahreswechsel in der Lage sein wird, die neuen Archivierungsvorgaben zu erfüllen.

Die digitalen Dateneinsichten sollen nur im Zusammenhang mit der so genannten Außenprüfung durchs Finanzamt stattfinden, die im Voraus angemeldet wird. Immerhin wird also niemand gezwungen, seine Steuerdaten permanent ins Netz zu stellen. Kommt es aber zur Prüfung, kann die Finanzbehörde nach eigenem Ermessen entscheiden, wie sie die betreffenden Daten auswerten will: Sie kann unmittelbaren Lesezugriff auf das laufende Buchhaltungssystem beim geprüften Unternehmen beanspruchen oder verlangen, dass qualifiziertes Personal die angeforderten Daten auf Zuruf aufbereitet und vorlegt. Als dritte Alternative kommt in Betracht, dass die Finanzprüfer Datenträger mit den maßgeblichen Buchungsdaten erhalten und diese mit eigener Software auswerten.

Nach bisheriger Rechtslage hatten Firmen leichtes Spiel, ihren Daten die digitale Kontrolle zu ersparen. Sie mussten lediglich dafür sorgen, dass die wesentlichen Unterlagen nicht vollständig maschinenlesbar anfielen, etwa, indem sie darauf eine manuelle Unterschrift vorsahen. Wohl um diese Lücke zu stopfen, lässt sich das BMF-Schreiben detailliert über die Prüfbarkeit digitaler Unterlagen aus: Es macht die elektronische Signatur gemäß dem Signaturgesetz zum Pflichtbestandteil der elektronischen Abrechnung, bewirkt also die Zwangsverordnung der digitalen Unterschrift.

Beim darin verborgenen Sprengstoff erscheint es verständlich, dass das Eichel-Ministerium den Entwurf der beschriebenen Forderungen seit Oktober vergangenen Jahres nicht gerade an die große Glocke gehängt hat. Nach einer ersten Information im Zusammenhang mit dem Steuersenkungsgesetz löste das Papier einige Diskussionen aus, verschwand dann aber wieder von der Bildfläche. Mittlerweile haben die Ministerialen wohl hinter verschlossener Tür weiter an den Grundsätzen gearbeitet und das Ergebnis dann überfallartig am 16. Juli als verbindliches Schreiben herausgegeben. (hps)