Mögliche Schlappe für Microsofts Digital-TV-Pläne

Der paneuropäische TV-Kabel-Betreiber UPC startet Digital-TV in Wien mit Software von Liberate; Microsoft werde in Zukunft wie jeder andere Anbieter behandelt, obwohl der Konzern Anteile an UPC besitze.

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Von
  • Jürgen Kuri

Mitte August musste Microsoft bereits eingestehen, die hauseigene Software für Server und Settop-Boxen fürs Digital-TV, Microsoft TV genannt, nicht zum geplanten Zeitpunkt fertig stellen zu können. Das brachte die niederländische Firma United Pan-European Communications (UPC), Europas größten TV-Kabelnetzbetreiber, in die Bredouille: Im Oktober wollte man mit Microsofts Software die ersten Angebote für interaktives Fernsehen in Amsterdam starten.

Schon im August betonte Mark Schneider, Chef von UPC, aber, man werde auf jeden Fall im Oktober starten: Die notwendigen Settop-Boxen würden dann mit einfacherer Software ausgeliefert, die dann später mit erweiterten Funktionen nachgerüstet werden könne. Und falls Microsoft nicht rechtzeitig fertig werde, müsse man sich eben unter Umständen nach anderen Partnern umsehen, grantelte Schneider.

Zumindest hat Schneider Microsoft nun schon einmal einen deutlichen Wink mit dem Zaunpfahl gegeben: Für die Ausstattung der Settopboxen im TV-Netz von Wien, wo UPC rund 480.000 Kunden hat, nutzt der Konzern nach einem Bericht der Nachrichtenangentur Reuters für den Start des interaktiven Fernsehens Lösungen von Liberate, einer Firma, die im Bereich der Software für digitales Fernsehen direkt mit Microsoft konkurriert. Digital-TV sollte im Wiener Kabelnetz bereits Anfang September starten. Microsoft spielte die Entscheidung von UPC in ersten Äußerungen allerdings herunter: Man habe nie für den Auftrag in Wien mitgeboten.

Schneider erklärte allerdings, Microsoft habe jedes Recht auf Bevorzugung als Anteilseigner an UPC verloren, da sie ihre Software nicht rechtzeitig liefern könnten. Microsoft ist mit rund acht Prozent an UPC beteiligt. Auch für das Software-Upgrade der Settop-Boxen im TV-Netz von Amsterdam, die im Oktober mit eingeschränkten Funktionen ausgeliefert würden, müsse sich Microsoft nun neu bewerben und werde wie jeder andere Kandidat behandelt. Liberate und Microsoft hätten die Angebote, die am meisten Sinn ergäben, meinte ein Vertreter von UPC. Mit der Nutzung der hauseigenen Software durch UPC in Wien hat Liberate allerdings nun einen Vorsprung gegenüber Microsoft gewonnen. Entsprechend erfreut zeigte sich der Liberate-Chef Mitchell Kertzman gegenüber Reuters: "UPC ist nun eine 'Show Me'-Firma. Sie wollen Entscheidungen auf Grund von Ergebnissen und nicht auf Grund von Versprechungen fällen." Microsoft hat allerdings inzwischen angekündigt, die Software für Digital-TV auch in Whistler, den geplanten gemeinsamen Nachfolger von Windows 2000 und ME zu integrieren – ein nicht zu unterschätzendes Argument für Betreiber von TV-Kabelnetzen, langfristig doch auf Microsoft-Software zu setzen. (jk)