Comdex: Kevin Spaceys Traum vom Internet

Triggerstreet wendet sich direkt an die Filmemacher: Sie sollen ihre Filme zum Download bereitstellen. Dem Hollywood der Konzerne, das sich mit DRM-Systemen gegen das Internet zur Wehr setzt, erteilte der Schauspieler eine Absage.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Es ist lange her, dass Hollywoodstars auf der Comdex eine größere Rolle spielten. Beim ersten Multimedia-Boom Anfang der 90er waren mit Quincy Jones und Bob Ezrin Vertreter des Showbiz dabei, um mit ihrer Firma 7th Level CDs von Monty Python und anderen Film-Adaptionen zu propagieren. Nun trat Kevin Spacey auf, der rührende Held unter anderem von American Beauty. Seine Pressekonferenz auf einer Messe, die mit halb leeren, verhängten Hallenbereichen und melancholischem Standpersonal besser nach Mulholland Drive passen würde, war überlaufen.

Kevin Spacey wuchs in großer Armut in einer anderen Straße von Los Angeles auf, der in einem Slum gelegenen "Trigger Street". Hier prügelte er sich mit seiner Gang gegen andere Trupps und träumte abends davon, in Hollywood zu arbeiten, etwa als Wagenwäscher oder Fahrer. "Wir waren sehr arm, aber voller Ideen, wie man die Welt verändern müsste." Mit Triggerstreet möchte der etablierte Schauspieler Hollywood den Kampf ansagen, Filme im Internet zum Download zur Verfügung stellen und die Welt oder ihre Kultur ein bisschen verändern. Unterstützt wird er dabei von RealNetworks und ihrem Chef Rob Glaser (wollte Boxer werden, brachte es nur zum Programmierer), Yahoo Movies und der Bierbrauerei Budweiser: "Zum Download eines guten Films gehört ein guter Schluck."

Triggerstreet.com wendet sich direkt an die Filmemacher und fordert sie auf, ihre Filme zum Download bereitzustellen. Zunächst möchten sich Spacey und seine Truppe auf Kurzfilme beschränken, immerhin die Sparte, in der die meisten Star-Regisseure ihr Debüt hatten. Später sollen Werke in Spielfilmlänge hinzukommen, von denen Hollywood Dutzende im Monat produziert, die niemals vorgeführt oder gesendet würden, meint Spacey. Drei Mal im Jahr soll es einen Wettbewerb geben, bei dem Budweiser die Preise stellt.

"Wir müssen den jungen, den kleinen unbekannten Filmern eine Chance geben, ihre Werke ohne Kompromisse einem großen Publikum vorzuführen. Sie haben in der heutigen Industrie nicht den Hauch einer Chance, ihre Projekte zu verwirklichen", erklärte Spacey. In diesem Zusammenhang verwies der Schauspieler auf eBay, wo mittlerweile junge Künstler ihre Malereien verkaufen würden. "eBay hat eine neue Kultur des Verkaufens hervorgebracht, wir treten an, damit eine neue Filmkultur mit frischen Ideen entstehen kann." Dabei lebt Triggerstreet von der Community der Besucher dieser Website, die die Filme bewerten. Pornographie ist nicht erlaubt, ebenso wenig Splatter-Trash. Die Grenze müsse etwa beim Andalusischen Hund von Luis Bunuel liegen, erklärte Spacey, der von einer "tollen Resonanz in Hollywood" berichtete und versprach, dass Triggerstreet den nächsten Griffith oder Godard finden werde. Dem Hollywood der Konzerne, das sich mit DRM-Systemen und Verboten gegen das Internet zur Wehr setzt, erteilte Spacey eine klare Absage. (Detlef Borchers) / (jk)