Wie Phönix aus der Asche -- das europäische Silicon Valley an der Elbe

Es gibt nicht nur Hiobsbotschaften aus dem deutschen Osten: Für einen Paukenschlag sorgte AMD, der weltweit zweitgrößte Hersteller von Computerprozessoren.

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Von
  • Simone Rothe
  • dpa

Es gibt nicht nur Hiobsbotschaften aus dem deutschen Osten: Für einen Paukenschlag sorgte am Donnerstag der weltweit zweitgrößte Hersteller von Computerprozessoren, Advanced Micro Devices (AMD). 2,4 Milliarden Dollar investiert der US-Konzern in seine zweite Halbleiterfabrik in Dresden, in der 1000 Mitarbeiter von 2006 an Prozessoren herstellen sollen. Die sächsische Landeshauptstadt ist damit auf dem besten Weg zum europäischen Silicon Valley, hoffen die Landespolitiker; Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) sieht Sachsen bereits unter den fünf führenden Mikroelektronik-Zentren der Welt.

Der Aufstieg zur Hightech-Hochburg erfolgte auf den Trümmern des DDR-Mikroelektronik-Kombinates (Erfurt), das in Dresden quasi seine Denkfabrik unterhielt. Siemens erkannte zuerst das Potenzial, das die Stadt an der Elbe mit Elektronikspezialisten, Technischer Universität, Hochschulen und Forschungsinstituten bot. 1994 sorgte Siemens (heute in Form der eigenständigen Infineon AG) mit dem Bau der ersten Chipfabrik für die Initialzündung. 1996 startete AMD den Bau seines ersten Werks.

Inzwischen fertigen einige tausend Angestellte in Dresdner Produktionsstätten Speicherchips und Mikroprozessoren. Zu den Produzenten gehört neben Infineon und AMD auch die ZMD AG (Zentrum für Mikroelektronik Dresden) als klassische Ost-Gründung. ZMD liefert ergänzend zu den Speichern und Prozessoren der beiden Großen kundenspezifische Schaltkreise (ASIC) beispielsweise für die Automobilindustrie, für Industrieelektronik oder Medizintechnik.

Neben dem Chip-Herstellern, die derzeit mehr als 7000 Mitarbeiter beschäftigen, hat sich eine agile Schar von Ausrüstungs-, Material- und Dienstleistungsanbietern angesiedelt und eine Art Mikrokosmos der Halbleiterindustrie geschaffen. Es fehlt fast nichts, was die Branche braucht, um erfolgreich zu sein -- bis hin zum Rohstoff Silizium für die Wafer, den Wacker im nahe gelegenen Freiberg herstellt. Dabei haben sich Sachsen und Investoren als erfolgreiche Netzwerker erwiesen. Alle scheinen mit allen im Kontakt. Beim Ende 2000 gegründeten Verein Silicon Saxony zieht Thilo von Selchow von ZMD die Strippen. Die Ausrüster und Zulieferer haben sich im Micro Saxony zusammengefunden.

Das Erfolgskonzept hat noch eine weitere Komponente: Die sächsische CDU-Landesregierung (Wirtschaftsminister Martin Gillo kommt von AMD) erweist sich immer wieder als großzügiger Förderer strategischer Investoren. "Wir konnten hier das beste finanzielle Unterstützungspaket von staatlicher Seite bekommen", lobte AMD Finanzchef Bob Rivet. Zum Paket gehören eine 80-prozentige Bund-Land-Bürgschaft für einen Kredit von 700 Millionen Euro, rund eine halbe Milliarde Dollar Zuschüsse und Zulagen sowie eine Beteiligung des Freistaats an der Fabrik.

"Es ist schon erstaunlich, wie schnell und geräuschlos das in Sachsen über die Bühne gegangen ist", sagt Wulf Buschardt, Sprecher der Communicant AG, Betreiber der im Bau befindlichen Chipfabrik in Franfurt an der Oder. Die Zukunft seines Projektes hängt am seidenen Faden. Um eine Millionen-Bürgschaft, von dem das Emirat Dubai als Hauptfinanzier eine weitere Ratenzahlung abhängig macht, wird seit Wochen öffentlich gestritten. (Simone Rothe, dpa) / (jk)