Nach dem Goldrausch - die TV-Sender und das Internet

Bei den TV-Konzernen ist ErnĂĽchterung ĂĽber die vermeintliche Goldader Internet eingekehrt.

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Von
  • Thomas Maier
  • dpa

Noch vor einem Jahr galt das Internet als die neue Goldader der Medienbranche. Nach dem Platzen der Internet-Blase an der Börse ist auch bei den TV-Konzernen Ernüchterung eingekehrt, wie am heutigen Dienstag beim Medienforum NRW in Köln deutlich wurde. Noch immer melden die TV-Sender, die mit großen Investitionen auf den Internet-Zug aufgesprungen sind, enorme Steigerungsraten bei den Page Impressions. Doch trotz anhaltend steil zunehmender Online-Nutzung haben sich die Erlöse für die Anbieter nicht gleichermaßen positiv entwickelt, wie Stefan Groß-Selbeck, Geschäftsführer der ProSieben Digital Media GmbH, einräumte.

Nur teilweise erfüllt haben sich danach die Hoffnungen, die auf Online-Werbung oder E-Commerce gesetzt wurden, da große Handelsketten wie Otto oder Karstadt selbst im Internet aktiv seien. Als "Silberstreifen am Horizont" sieht Groß-Selbeck die "cross-mediale Verwertung" – dabei wird das Internet gemeinsam mit dem TV-Programm an Kunden vermarktet. In der Zukunft wird beim ProSieben-SAT.1-Konzern (Kirch) vor allem auf Allianzen im E-Commerce-Bereich sowie auf Dienste für das Handy gesetzt. Künftig werden Nutzer für "Premium-Dienste" im Internet auch zahlen müssen.

Optimismus verbreitete dagegen Thomas Hesse von der RTL Newmedia, der Online-Tochter von Deutschlands größtem TV-Konzern RTL. "Das Engagement (im Internet) bei RTL ist ungebrochen", sagte Hesse, dessen zu Bertelsmann gehörende Firma in fünf Jahren rund 500 Millionen Mark in das Netz investiert. RTL, das auch im Internet Marktführer ist, setzt nach Hesses Worten ebenfalls auf Cross-Media. Daneben baut man auf den Ausbau der Breitbandkabelnetze in Deutschland, die künftig digital eine Vielzahl von TV-Kanälen zusammen mit Internet und Telefon viel schneller und interaktiver ins Haus bringen sollen.

Hesse rechnet aber für dieses Jahr nicht mit mehr als 100.000 Haushalten, die diese neuen Dienste in Deutschland erproben können. "Es kommt nicht über Nacht, aber in kleinen stetigen Schritten." Der US-Konzern Callahan, der zusammen mit dem ebenfalls amerikanischen Konzern Liberty Media für Milliarden von Mark das Kabelnetz der Deutschen Telekom gekauft hat, will im September mit seinen Breitbanddiensten in NRW beginnen. Ob und in welchem Maß diese neuen digitalen Dienste von den Verbrauchern angenommen werden, gilt als ungewiss. Die Menschen müssten auf diese neue Technik vorbereitet werden, sagte Bertold Heil von der Unternehmensberatung PricewaterHouseCoopers. "Es ist nicht ausreichend, den Leuten die neue Technik einfach hinzustellen."

Trotz weiterhin guter Wachstumschancen beurteilt auch die nordrhein-westfälische Landesregierung die Aussichten der Branche eher nüchtern. Statt der viel zitierten "digitalen Revolution" müsse man wohl eher von einer "digitalen Evolution" sprechen, meinte Miriam Meckel, Medien-Professorin und Staatssekretärin in Düsseldorf. Und auch das TV, das manche schon zur totgesagten "Old Economy" zählten, ist längst nicht abgeschrieben: "Das Fernsehen bleibt auf längere Sicht Leitmedium", prophezeite Meckel. (Thomas Maier, dpa) / (jk)