Mit Open Source in den Kampf ums WeiĂźe Haus
Der Präsidentschaftswahlkampf des Demokraten Howard Dean im Internet bekommt Unterstützung durch Open-Source-Techniken.
Eine ausgefuchste Internet-Kampagne hat es Howard Dean ermöglicht, sich in nur wenigen Monaten vom chancenlosen Außenseiter in den bekanntesten und bestfinanzierten Kandidaten der Demokraten im US-Präsidentschaftswahlkampf zu verwandeln. Schon schicken sich einige seiner Konkurrenten an, dem Netz ebenfalls eine größere Bedeutung in ihren Kampagnen einzuräumen. Doch der Doktor, wie Dean gerne von seinen Anhängern wegen seiner Vergangenheit als praktizierender Allgemeinmediziner genannt wird, hat bereits ein neues Rezept im Kampf um die Aufmerksamkeit parat: Open-Source-Software soll es Deans Anhängern ermöglichen, individuelle Unterstützer-Websites zu einem flexiblen Netzwerk zusammenzuschließen.
Bisher setzt Deans Internet-Kampagne auf eine Kombination kommerzieller Angebote und aus der Weblog-Welt bekannter Tools. Für die Verwaltung der Kampagne und des mittlerweile mehr als 328.000 Unterstützer umfassenden E-Mail-Verteilers setzt man auf eine maßgeschneiderte Lösung des Software-Anbieters Convio. Monatliche Dean-Stammtische werden über die Plattform Meetup.com koordiniert. Das im Zentrum der Kampagne stehende Blogforamerica-Weblog schließlich basiert auf Movabletype. Jetzt versuchen einige Dean-Anhänger, Deans Wahlkampf mit der Kampagnen-Plattform Deanspace.org auf die nächste Stufe zu heben. Deanspace basiert auf dem Open-Source-Content-Management-System Drupal und erweitert dieses um Dean-spezifische Extras.
Neben speziellen Tools zum Organisieren von Wahlkampfveranstaltungen soll Deanspace vor allen Dingen durch seine ausgefuchsten RSS-Import- und Exportmöglichkeiten glänzen. Diese sollen es einzelnen Websites ermöglichen, sehr einfach Inhalte und Nutzerdaten auszutauschen. "Bundesstaaten-weite Websites können beispielsweise Feeds von Städten innerhalb des jeweiligen Staates abonnieren und so automatisch die News-Meldungen der Städte-Websites verbreiten", erklärt Deanspace-Mitarbeiter Zachary Rosen dazu gegenüber heise online. "Die Nutzer der Städte-Sites können sich außerdem mit ihren Account-Daten auch in die Bundesstaat-Website einloggen und dort an Diskussionen und Organisierung teilnehmen." Die Idee sei, jede Website zu einem Teil eines übergreifenden Kampagnen-Netzwerks zu machen, so Rosen.
Bisher befindet sich Deanspace noch mitten im Beta-Stadium. Gerade einmal eine Hand voll Websites setzen erste Test-Versionen ein, darunter Albany for Dean und Seniors for Dean. Rosen geht allerdings davon aus, dass Version 1.0 der Plattform bereits in wenigen Wochen verfügbar sein wird. Erst dann wird sich zeigen, wie effektiv die Vernetzung der einzelnen Websites wirklich ist. Zwar ist eine solche Netzwerk-Struktur technisch bereits seit geraumer Zeit möglich. In einer politischen Kampagne diesen Ausmaßes kam eine derartige Technik aber noch nie zum Einsatz.
Angst, dass George W. Bushs Wahlkampfteam die jetzt entwickelten Tools einfach übernehmen könnte, hat Rosen trotz Open-Source-Lizenz nicht. "Bushs Kampagne wird sich vollkommen von Deans Kampagne unterscheiden", ist er sich sicher. Die erst vor wenigen Tagen vorgestellte Kampagnen-Website des amtierenden US-Präsidenten scheint ihm Recht zu geben. Interaktive Elemente sucht man auf der Site bisher vergebens. Weblog-Autoren wird lediglich angeboten, die aktuellen Schlagzeilen der Website über ein Javascript-Newsfeed in die eigene Website einzubauen. (Janko Röttgers) / (jk)