Kleine Internet-Radios verklagen Musikindustrie-Lobby

Es ist ein ewiges Hickhack zwischen der RIAA, dem US-Gesetzgeber und den Webcastern: Wie viel müssen denn nun die Webradios für das Aussenden von Musik als Stream im Internet an die Rechteinhaber oder deren Vertreter zahlen?

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 83 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jürgen Kuri

Es ist ein ewiges Hickhack zwischen der RIAA, dem US-Gesetzgeber und den Webcastern: Wie viel müssen denn nun die Webradios für das Aussenden von Musik als Stream im Internet an die Rechteinhaber oder deren Vertreter zahlen? Zumindest der Verband der kleinen Internet-Radios, die Webcaster Alliance, macht nun die Drohung wahr, den US-Musikindustrieverband RIAA wegen Wettbewerbsbehinderung zu verklagen. Nach Ansicht der Webcasters Alliance verfolgt die RIAA mit den bisher ausgehandelten Lizenzvereinbarungen für Webcaster alleine das Ziel, unabhängige Internet-Radios vom Markt zu verdrängen.

Das ganze Drama begann, als der Leiter der US-Library of Congress zum Abschluss einer langen Auseinandersetzung um ursprünglich von der Schiedsstelle des US Copyright Office vorgeschlagene Lizenzgebühren festlegte, dass für jedes von Webcaster gesendete Musikstück pro Hörer 0,07 US-Cent fällig werden sollten. Der folgende Proteststurm bei den Internet-Radios, die befürchteten, angesichts horrender Lizenzforderungen vollständig ausgeschaltet zu werden, führte zu einer Gesetzesinitiative, die gerade kleinere Webradios entlasten sollte. Einziges Problem: Das Gesetz scheiterte im US-Senat.

Allerdings war schon zu diesem Zeitpunkt klar, dass die Möglichkeit zu Einzelverhandlungen zwischen den Rechteinhabern, ihren Verbänden und den Webcastern genutzt werden sollte. So einigte sich denn auch die RIAA im April 2003 mit den großen Internet-Radios auf Zahlungen, die in vielen Punkten den ursprünglich vom Chef der Library of Congress festgelegten Bestimmungen entsprachen. Auch mit den nicht-kommerziellen Webradios traf die RIAA mittlerweile eine Vereinbarung.

Die bisherigen Einigungen mit den Webcastern sahen vor, entweder 0,0726 US-Cent pro Song und Zuhörer zu zahlen oder 1,17 US-Cent pro Sendestunde. Alternativ können Webcaster, die ihre Radios auf Abo-Basis ausstrahlen, 10,9 Prozent der Aboumsätze an die Musikindustrie abführen. Internetradios mit jährlichen Einnahmen von weniger als einer Million US-Dollar müssen entweder acht bis zwölf Prozent ihres Umsatzes oder fünf bis sieben Prozent ihrer Ausgaben an die Plattenindustrie abführen. Für Radios mit jährlichen Einnahmen von weniger als 50.000 US-Dollar galt ein Mindestbeitrag von 2000 US-Dollar. Universitäre Web-Radios zahlen pauschal 250 US-Dollar jährlich für die Übertragung ihres Programms via Internet. Andere nicht kommerzielle Stationen müssen bis zu 500 US-Dollar bezahlen.

Mit diesen Vereinbarungen seien 90 Prozent der kleinen kommerziellen Internetradios in Gefahr, meint die Webcaster Alliance. Diese kleinen Stationen hätten oft auch Musik im Programm, die nicht von Unternehmen der RIAA vertrieben werde. Durch überzogene Lizenzforderungen beabsichtige die RIAA, unliebsame Konkurrenten auszuschalten. Ann Gabriel, Präsidentin der Webcaster Alliance, findet harsche Wort in ihrer Kritik an dem Musikindustrie-Verband: "Die Absicht der RIAA ist eindeutig. Wir beobachten die RIAA-Aktionen schon lage, die zur Vernichtung einer ganzen Industrie unabhängiger Webcaster führen, die Wahlfreiheit und Vielfalt für die Internetradiohöhrer bedeuten." Es sei Zeit, die RIAA "endlich für all die Jahre zur Verantwortung zu ziehen, in denen sie eine ganze Industrie manipuliert haben, um das Wachstum unabhängiger Musik zu ersticken und die Internet-Inhalte sowie die Distributionskanäle zu kontrollieren". Deshalb habe man nun die Kartellrechtsklage gegen die RIAA eingereicht, nachdem alle Bemühungen um eine gütliche Einigung gescheitert seien. (jk)